Trotz schwerer Vorwürfe an Kartellschreck Quadroni
Er darf die 257’000 Franken behalten!

Die Baufirma von Kartellschreck Quadroni ist pleite. Mehrere Leute warten auf ihr Geld. Gleichzeitig bekommt der Bündner fleissig Spenden. Doch für seine Gläubiger sind diese Mittel tabu.
Publiziert: 22.05.2018 um 23:40 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 23:09 Uhr
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Laut Prof. Dr. Rodrigo Rodriguez spricht nichts gegen eine freie Verwendung der Spenden.
Foto: Unilu.ch
Anian Heierli

Die Sympathie gegenüber Adam Quadroni (48) ist gross, sehr gross. Das beweist der Spendenaufruf auf der Internet-Crowdfunding-Plattform Wemakeit. Mehr als 2000 Leute unterstützen den Bündner mittlerweile mit über 257'000 Franken. Das anfängliche Ziel von 100'000 Franken ist längst getoppt – und die Aktion läuft zehn Tage. 

Der Motor für die grosszügigen Spenden: Im Alleingang liess Quadroni ein millionenschweres Baukartell im Engadin auffliegen. Die Wettbewerbskommission (Weko) büsste daraufhin mehrere Firmen wegen illegaler Preisabsprachen. Doch im Gegenzug verlor der Whistleblower viel: Sein Geschäft, viele Freunde und die Familie. Wohl auch, weil ihm die lokale Konkurrenz das Leben schwermachte.

Hilfe für Streit um seine Töchter

Mit dem Geld aus dem Crowdfunding will der Whistleblower laut Spendenaufruf den Kampf um seine drei Töchter finanzieren. Seine Frau nahm diese nach einem Familienstreit zu sich. Quadroni soll seine Kinder wieder besuchen und einladen können – ohne menschenunwürdige Kontrollen. Denn laut Aufruf hatte er bislang keine Chance gegen die Behörden. Darin steht: «Die Gerichte glauben ihm nicht, trotz stichhaltiger Beweise.»

Polizeieinsatz wird untersucht

Die Art, wie Baukartell-Whistleblower Adam Quadroni durch die Bündner Kantonspolizei verhaftet wurde, beschäftigt die Justiz. Laut Quadroni wurde er am 15. Juni 2017 ohne Vorwarnung von schwer bewaffneten Spezialeinsatzkräften in Kampfmontur überwältigt. Dabei soll er geschlagen, ­getreten, an den Haaren gezogen und zu Boden gedrückt worden sein. Die Handgelenke sollen die Polizisten zudem mit Kabelbindern gefesselt haben. Wegen dieser Behandlung hatte Quadroni Anzeige gegen unbekannt eingereicht. Nun hat die Bündner Regierung gestern Esther Omlin (43) als ausserordentliche Staatsanwältin eingesetzt. Sie soll im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graubünden klären, ob die Bündner Kantonspolizei bei der Verhaftung des Whistle­blowers unverhältnismässig gehandelt hatte.

Die Art, wie Baukartell-Whistleblower Adam Quadroni durch die Bündner Kantonspolizei verhaftet wurde, beschäftigt die Justiz. Laut Quadroni wurde er am 15. Juni 2017 ohne Vorwarnung von schwer bewaffneten Spezialeinsatzkräften in Kampfmontur überwältigt. Dabei soll er geschlagen, ­getreten, an den Haaren gezogen und zu Boden gedrückt worden sein. Die Handgelenke sollen die Polizisten zudem mit Kabelbindern gefesselt haben. Wegen dieser Behandlung hatte Quadroni Anzeige gegen unbekannt eingereicht. Nun hat die Bündner Regierung gestern Esther Omlin (43) als ausserordentliche Staatsanwältin eingesetzt. Sie soll im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graubünden klären, ob die Bündner Kantonspolizei bei der Verhaftung des Whistle­blowers unverhältnismässig gehandelt hatte.

Weiter heisst es: «Ein ausserkantonaler Anwalt hat im Juni 2017 die Vertretung seiner Interessen übernommen. Sein Fall setzt sich aus zahlreichen Einzelfällen zusammen.» Um welche es sich dabei handelt, bleibt unklar. Tatsächlich ist Quadroni in mehrere Verfahren involviert. So geht etwa Treuhänder Roger Tobler (58) gegen ihn vor: wegen betrügerischen Konkurses, Pfändungsbetrugs und Betrugs. Die Anzeige erstattete er am 29. Juli 2014. Ebenso reichte Autohändler Youssef Itani am 22. August 2016 gegen Quadroni eine Anzeige wegen Betrugs ein. 

Gläubiger hoffen auf ein Stück vom Spendenkuchen

Zudem ist seine Baufirma pleite. Der Richter eröffnete den Konkurs über die Linard Quadroni SA am 12. Mai 2014. Rund 90 Gläubiger warten seither auf ihr Geld und fragen sich ganz konkret: Haben wir allenfalls ein Anrecht auf die Spenden, kriegen wir ein Stück vom 257'000-Franken-Kuchen? Oder können Quadroni und seine Anwälte wirklich frei über diese Mittel verfügen?

Ja, laut Uni-Professor Rodrigo Rodriguez. Der Experte fürs Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) sagt: «Im Rahmen des weit gefassten Verwendungszwecks spricht nichts dagegen.» Und dieser Zweck ist tatsächlich weit gefasst: So darf das Geld für Prozesskosten verwendet werden oder Quadroni helfen, ein neues Leben aufzubauen.

Der Konkursrechts-Experte gibt zu bedenken: «Rechtlich problematisch wäre einzig, wenn die Forderungen einzelner Gläubiger aus diesem Geld bezahlt würden.»

Konkurs richtet sich gegen Firma

Er erklärt, warum das Geld wahrscheinlich bei Quadroni landen wird: «Die Forderungen der Gläubiger richten sich in diesem Verfahren gegen das Vermögen des Unternehmens. Dieses ist getrennt von Herrn Quadronis Privatvermögen.» Gemäss Rodriguez gibt es zwar Spezialfälle, bei denen ein sogenannter Durchgriff auf das Privatvermögen möglich ist. Doch dafür sieht er im aktuellen Fall keine Anzeichen.

Treibende Kraft hinter der Crowdfunding-Aktion ist Student Natanael Wildermuth (25) aus Wald ZH. Seine Beweggründe: für Gerechtigkeit einstehen. Recht und Moral wieder eine Bedeutung geben sowie dazu beitragen, dass auch ein zukünftiger Whistleblower unterstützt wird. Dabei zählt der junge Mann auf die Hilfe von alt Bundesrichter Giusep Nay (75).

BLICK wollte von den beiden Quadroni-Sympathisanten wissen, für welche Verfahren das Geld nun verwendet wird. Auch, ob nach den BLICK-Enthüllungen schon Spender ihr Geld zurückgezogen haben. Ein entsprechender Fragekatalog blieb gestern unbeantwortet. Eines ist allerdings klar: Einzel-Grossspenden in Höhe von 5000 bis 10'000 Franken – und damit garantierte Übernachtungen in der Maiensäss-Hütte von Adam Quadroni im Bündnerland – sind bei den Spendensammlern noch nicht eingegangen.

Ärger für BDP und SVP

Am 10. Juni wird im Kanton Graubünden gewählt. Der Baukartell-Skandal hat diesen Wahlen bereits seinen Stempel aufgedrückt. BDP-Politiker Andreas Felix (53) konnte als Geschäftsführer des Bündner Baumeisterverbands nicht glaubhaft machen, dass er von den illegalen Preisabsprachen keine Kenntnis hatte. Er zog seine Kandidatur zurück.

Auch sein Kollege, der bisherige BDP-Regierungsrat Jon Domenic Parolini, muss nun aber zittern. Als ehemaliger Gemeindepräsident von Scuol wurde er damals von Whistleblower Adam Quadroni (48) über die Absprachen informiert, unternahm aber nichts.

Ebenfalls einen schweren Stand hat SVP-Kandidat Walter Schlegel (56). Als Kommandant der Kantonspolizei Graubünden hat er den mutmasslich unverhältnismässigen Einsatz der Polizei gegen Adam Quadroni zu verantworten.

Keine Sorgen machen müssen sich die beiden verbleibenden Bisherigen, CVP-Regierungsrat Mario Cavigelli (52) und Christian Rathgeb (48) von der FDP. Ebenso sicher scheint die Wahl des SP-Kandidaten Peter Peyer, der den scheidenden Martin Jäger beerben will.

Am 10. Juni wird im Kanton Graubünden gewählt. Der Baukartell-Skandal hat diesen Wahlen bereits seinen Stempel aufgedrückt. BDP-Politiker Andreas Felix (53) konnte als Geschäftsführer des Bündner Baumeisterverbands nicht glaubhaft machen, dass er von den illegalen Preisabsprachen keine Kenntnis hatte. Er zog seine Kandidatur zurück.

Auch sein Kollege, der bisherige BDP-Regierungsrat Jon Domenic Parolini, muss nun aber zittern. Als ehemaliger Gemeindepräsident von Scuol wurde er damals von Whistleblower Adam Quadroni (48) über die Absprachen informiert, unternahm aber nichts.

Ebenfalls einen schweren Stand hat SVP-Kandidat Walter Schlegel (56). Als Kommandant der Kantonspolizei Graubünden hat er den mutmasslich unverhältnismässigen Einsatz der Polizei gegen Adam Quadroni zu verantworten.

Keine Sorgen machen müssen sich die beiden verbleibenden Bisherigen, CVP-Regierungsrat Mario Cavigelli (52) und Christian Rathgeb (48) von der FDP. Ebenso sicher scheint die Wahl des SP-Kandidaten Peter Peyer, der den scheidenden Martin Jäger beerben will.

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