Wer Bären bestaunen möchte, muss bald nicht mehr zwingend nach Bern fahren. In Arosa GR eröffnet Anfang August das Bärenland, wo in Zukunft fünf Bären auf drei Hektaren leben werden. Der erste Bewohner des Bärenschutzzentrums steht nun fest. Es ist der letzte Zirkusbär Serbiens, der im November 2016 aus seinen schrecklichen Verhältnissen von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten und der Stiftung Arosa Bären befreit werden konnte.
Der noch namenlose Bär harrte bis zu seiner Rettung in einem winzigen, verrosteten und vermüllten Metallkäfig im Zirkus Corona in der Stadt Srbobran aus, knapp 130 Kilometer von der Hauptstadt Belgrad entfernt. Dort hatte das 350 Kilo schwere Tier keinerlei Schutz vor Sonne und Regen und konnte sich hinter Gittern nicht mal richtig aufrichten.
Käfigschloss war eingerostet
Seine Retter vermuten, dass der mittlerweile elfjährige Bär jahrelang leiden musste. In Serbien wurde 2009 das Wildtierverbot in Zirkussen eingeführt. Deshalb ist anzunehmen, dass das Tier seither nicht aufgetreten ist und seinen Käfig nicht verlassen hat. «Die Retter mussten seinen Käfig aufschweissen, weil das Schloss und die Tür so verrostet waren», sagt Carsten Hertwig von den Vier Pfoten zu BLICK.
Verletzt sei das Tier nicht gewesen, nur seine Zähne waren aufgrund der Fehlernährung in einem schlechten Zustand. «Der Kiefer war entzündet», erinnert sich Hertwig.
«Er läuft nicht mehr im Kreis herum»
Mittlerweile ist der Zirkus geschlossen und der zukünftige Bärenland-Bewohner wurde von den serbischen Behörden konfisziert. Bis er nach Arosa darf, wartet er im serbischen Zoo Palic. Der Bär, der eine Kreuzung aus Europäischem Braunbär und Eisbär ist, hat dank mehr Bewegung an Muskelmasse zugelegt und Fett verloren. «Dauerhafte körperliche Schäden hat er dem bisherigen Anschein nach keine getragen. Hüftbeschwerden wären zu erwarten gewesen, aber dank seines jungen Alters sieht alles gut aus», freut sich Hertwig.
Die Gefangenschaft hinterliess jedoch sichtbare Verhaltensstörungen – die sich nun deutlich gebessert haben: «Er läuft nicht mehr ständig im Kreis herum, weil er merkt, dass er jetzt viel mehr Platz hat und auch gegenüber seinen Artgenossen zeigt er sich interessiert», sagt Pascal Jenny, Geschäftsleiter Arosa Bärenland.
«Ich habe die schlimmen Bedingungen, unter denen der Bär leben musste, erstmals 2010 erlebt», sagt Hertwig. Aufgrund der «hochbürokratischen» Verhältnisse dauerte es sechs Jahre, bis der Bär befreit werden konnte. «Dass wir ihn im Sommer dieses Jahres nun endlich ins Arosa Bärenland transferieren können, ist nach den jahrelangen Qualen des Bären ein wahres Happy End. Wir freuen uns sehr, dass dem Tier nun noch viele Jahre in artgemässer Unterbringung inmitten der Bündner Berge bevorstehen», sagt Hertwig.
«Ein romanischer Name ist möglich»
Im Juli bezieht der Bär sein neues Zuhause. Dort warten artgemässe Gehege mit zahlreichen Beschäftigungsmöglichkeiten, Teichen, Sträuchern, Bäumen und Weiden. Dann entscheidet der Stiftungsrat der Stiftung Arosa Bären auch, wie das Tier offiziell heissen wird. Vielleicht Uorsin («kleiner Bär»), Curdin, Dumeng oder Giachen? «Es ist möglich, dass der Bär einen romanischen Namen bekommt», sagt Pascal Jenny.
Wie genau er von Serbien nach Arosa transportiert wird, wird derzeit abgeklärt. «Neben dem Landweg wäre auch ein Flug von Belgrad nach Zürich möglich, danach fährt der Bär mit einem Lastwagen bis Chur und von dort aus mit der RhB nach Arosa. Denn die 360 Kurven auf der Passstrasse bekommen dem Bär nicht so gut», sagt Pascal Jenny. Um sein Reiseabenteuer komplett abzurunden, steigt der Bär am Schluss noch in die Gondel, um zum Bärenland am Rande des Skigebiets auf 2000 m ü.M. zu gelangen.
Alle Bären werden sterilisiert
Im Herbst sollen dann die Bären Nummer zwei und drei folgen und nächstes Jahr die letzten beiden. Wer die Mitbewohner des Serben sein werden, ist zurzeit noch unklar. Eins steht jedoch fest: Alle fünf Tiere werden sterilisiert sein. «Aus der Sicht des Tourismus wäre ein Bärennachwuchs zwar ausserordentlich toll, aber dann würden die Jungen einem erwachsenen Bären den Platz wegnehmen. In diesem Fall liegt die Priorität darin, den geretteten Tieren ein neues Zuhause zu geben», sagt Jenny.