«Das ist eine Sauerei!», nervt sich Rosario Cuccurullo (37). Er soll für einen Abo-Dienst auf einer News-Website fast 120 Franken bezahlen. Das Problem: Weder hat er den Dienst willentlich abonniert noch hat er ihn je benutzt.
Alles begann vor drei Monaten. Cuccurullo bekommt eine erste Rechnung der Firma Obligo AG. Er solle für einen Video-Abodienst der Website 365news.jetzt fast 120 Franken plus Mahngebühren bezahlen. Angeblich habe er diesen Dienst der Mobile Trade AG bereits im Jahr 2022 auf seinem Handy gelöst, er hat sich automatisch verlängert. «Ich habe von dieser Firma bis jetzt noch nie eine Rechnung erhalten», so der Familienvater aus Chur. Wie kann das sein?
Ein SMS kostet Leser 120 Franken – plus Mahngebühren
Ein Blick-Selbstversuch zeigt: Der Video-Dienst wirkt alles andere als seriös. Wenn man auf eines der wenigen Videos klickt, öffnet sich ein Fenster. Klickt man da auf «Ja, ich bin über 16 Jahre alt und akzeptiere die AGBs» kopiert die Website automatisch einen Text für die Altersbestätigung in eine SMS-Vorlage. Schickt man das SMS ab, bekommt man einen Link zum Video.
Aber Achtung: Drückt man dann auf Play, schliesst man automatisch einen Vertrag ab. Weder Adresse noch Kreditkarte müssen angegeben werden, ein einziges SMS genügt. Kündigt man nicht innerhalb der drei «Gratistage», bezahlt man fast 120 Franken — und das jedes Jahr.
«Ich mag mich nicht erinnern, je auf dieser Website gewesen zu sein», so Cuccurullo. Er informiere sich über Blick und andere Schweizer Medien, nie würde er so viel Geld für ein paar Videos zahlen. «Jetzt plagen die mich schon seit drei Monaten mit Rechnungen und Mahnungen.»
Besonders pikant: Zumindest ein Teil der News-Videos der Website sind offenbar einfach aus dem Internet abgefilmt. Die Videos wurden von Kanälen wie der BBC und einem japanischen News-Sender genommen und die Logos entfernt. Rosario Cuccurullo ist wütend: «Ich bezahle sicher nicht für dieses Abo, das ich nie benutzt habe!»
«Technopapst» erklärt sich
Die Obligo AG sieht sich dabei nicht in der Verantwortung: Ihr Verwaltungsratspräsident will die Fragen von Blick nicht beantworten. Er betont, man sei nur Rechnungssteller, Auftraggeber seien andere – in diesem Fall nämlich «Technopapst» Arnold Meyer (58). Ihn kennt man seit den 80ern als DJ und Veranstalter von Technopartys, er arbeitete schon mit Musikgrössen wie Tiesto und Steve Aoki zusammen.
Gleichzeitig ist er das einzige Mitglied im Verwaltungsrat der Mobile Trade AG aus Altendorf SZ, die die Abo-Seite betreibt. Auf Blick-Anfrage erklärt er, der Bestellprozess entspreche der Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen. «Zusätzlich hat der User eine dreitägige Gratisfrist und kann sich innerhalb dieser Periode kostenfrei abmelden.» Die Abmeldeseite zu finden, war im Blick-Versuch allerdings gar nicht so einfach.
Zum Vorwurf, die Videos seien gestohlen, sagt Meyer, die Firma kaufe die Inhalte bei einem «Content Provider» ein. Den Namen dieses Providers will er nicht nennen, es sei ein «Betriebsgeheimnis».
Happy End für Blick-Leser
Solch dubiose Auftraggeber sind bei der Obligo AG kein Einzelfall. Bereits im Januar berichtete Blick: Ein Rentner soll über 500 Franken bezahlen, da er auf einer Porno-Website einen falschen Klick gemacht hat. Die Masche ist nicht neu, die Website schon: Bis anhin kannte man die Abzocke in erster Linie von Websites mit pornografischem Material. Schon seit 2015 kämpfen Konsumentenschützer, Medien und angebliche Kunden gegen die Masche der Firma. Auch die Mobile Trade AG war da bereits eingebunden — sogar die Polizei warnt vor der Firma.
Die Staatsanwaltschaft und das Amt für Wirtschaft (Seco) haben bereits Anklage gegen die Verantwortlichen bei der Obligo AG erhoben, das Verfahren ist hängig. Wer bei einer solchen Masche reinfällt, solle die Obligo AG schriftlich kontaktieren. Dies hat Herr Cuccurullo versucht, allerdings vergeblich: «Mir wurde gesagt, ich müsse das Abo bezahlen und könne es erst auf nächstes Jahr künden.» Als sich Blick einschaltet, gibt es für den Familienvater doch ein Happy End: Die Mobile Trade AG erlässt bei der Rechnungsstellerin Obligo AG die gesamten Kosten – «aus reiner Kulanz», wie sie betont.