Pfarrerin kriegt mit 66 Zwillinge
Ist das nicht Sünde?

Im Pensionsalter ist die alleinstehende Theologin Mutter geworden.
Publiziert: 04.03.2012 um 21:20 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:30 Uhr
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Andrea Schärli (34) mit Sohn Sam (1½) aus Zürich: «Es ist nicht gerade verantwortungsvoll, als Alleinerziehende mit 66 noch Kinder in die Welt zu setzen. Ich hoffe, sie hat sich das alles gut überlegt.»
Foto: Toini Lindroos
Von Marlene Kovacs

Mit 66 Jahren hat eine Bündner Pfarrerin vor zwei Wochen im Kantonsspital Chur Zwillinge zur Welt gebracht. Das hat der SonntagsBlick gestern enthüllt.

Mami mit 66

Damit ist die pensionierte reformierte Pfarrerin die älteste Mutter der Schweiz. Die alleinstehende Theologin aus der Bündner Gemeinde Grüsch möchte unerkannt bleiben. «Das ist meine Privatangelegenheit. Aber es ist unglaublich, was heute medizinisch möglich ist», sagt sie.

Geht es wirklich niemanden etwas an, wenn eine Frau die Gesetze umgeht, um im Pensionsalter schwanger zu werden? Sich die Behandlung und damit auch die Kinder in der Ukraine kauft? Noch dazu eine ausgebildete Pfarrerin, studiert in Ethik und Moral?

Befruchtung im Ausland

Denn: Möglich war die Geburt der Zwillingsbuben nur, weil die Grüscherin die Befruchtung – eine sogenannte In-vitro-Fertilisation – im Ausland durchführen liess.

Bei der ehemaligen Pfarrerin wurde eine gespendete Eizelle eingesetzt. Das ist in der Schweiz  verboten. Gesetzlich verankert ist auch, dass künstliche Befruchtung nur in Frage kommt, wenn die Eltern «auf Grund ihres Alters und ihrer persönlichen Verhältnisse voraussichtlich bis zur Mündigkeit des Kindes für dessen Pflege und Erziehung sorgen können». Die Bündner Mutter ist 84 Jahre alt, wenn  ihre Zwillinge mündig werden.

Beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK) wusste man bis gestern nichts vom Fall. Grundsätzlich steht die evangelische Kirche der In-vitro-Fertilisation positiv gegenüber. Wenn sie legal passiert. «Wer sich nach reiflicher Überlegung entschliesst, diese Technik in Anspruch zu nehmen, soll die Freiheit dazu haben. Aber nur soweit es den gesetzlichen Grenzen entspricht», so Philippe Woodtli, Geschäftsleiter des SEK. Bei der katholischen Kirche ist der Eingriff streng verpönt.

Zweitälteste Mutter hat Verständnis

Die bisher älteste Mutter der Schweiz, Dominique C.* (65) aus Oberlunkhofen AG, versteht den Kinderwunsch der 66-Jährigen. Ihre Tochter Katherine ist 1½. «Es gibt auch jüngere alleinerziehende Mütter», so C. «Wichtig ist, dass Kinder und Mutter gesund und glücklich sind.» 

*Name bekannt

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