Ruth T.* war letzten August die berühmteste Abwartin der Schweiz. Die Hauswartin des Apartmenthauses Paradies in Arosa GR erntete einen Shitstorm, nachdem sie mit einem Zettel explizit Juden aufforderte, vor dem Baden im Hotelpool zu duschen.
Nach einem internationalen Aufschrei wurde das Hotel von booking.com gesperrt und Ruth T. mit heftigen Briefen und Anrufen traktiert. «Dafür musste ich bitter bezahlen,» sagte sie BLICK.
Die Wut ebbte ab. Doch jetzt steht die nächste Saison vor der Tür. Und einen «Fall Arosa» soll es nicht noch einmal geben, wenn es nach der Paradies-Managerin Ruth T. geht.
«Viele von uns haben überreagiert»
Helfen dabei soll eine Initiative von Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerisch-Israelitischen Gemeindebundes (SIG). Er setzte sich fürs Paradies und den Tourismusort Arosa ein, schickte sogar einen Brief an booking.com mit der Bitte, das Aparthotel wieder aufzunehmen. Eine Antwort bleibt seit zwei Monaten aus, sagt Kreutner zur «Südostschweiz».
Mit einem vom SIG organisierten Seminar will er das gegenseitige Verständnis zwischen Tourismusbetrieben und jüdischen Gästen verbessern. Kreutner meint aber auch, Selbstreflexion sei gefragt: «Viele von uns haben überreagiert.»
Aufklärungsarbeit für alle
Dem gegenseitigen Unverständnis will der SIG mit Informationsmaterial, das kommende Sommersaison verteilt wird, aktiv entgegenwirken. Betrieben der Tourismusindustrie soll so erklärt werden, wie orthodoxe jüdische Gäste ticken.
Wiederum brauchten jüdische Gäste Verhaltensregeln fürs Zusammenleben in der Schweiz, sagt Kreutner. Der Aufklärungsbedarf sei gross. So erlebten viele orthodoxe Gäste zum Beispiel das «Grüezi» von Unbekannten als befremdlich. (voi)
*Name der Redaktion bekannt