Es sind nur wenige Meter, die Italien hier von Graubünden trennen. Nur wenige Meter zwischen Leben und Tod. Am vergangenen Sonntagnachmittag ist eine Gruppe auf sieben Schneetöffs am Gipfel Cima de Barna unterwegs. Sie kurven auf der italienischen Seite. Offenbar haarscharf an der Abrisskante.
Als unter dem Motorschlitten der Schnee bricht, stürzt der Schneetöff direkt in den Abgrund. Sohn Francesco B.* (16) fliegt im freien Fall Hunderte von Meter tief auf Bündner Gebiet. Er ist auf der Stelle tot. Vater Carlo B. kann sich ans Raupenfahrzeug klammern, das am Hang abbremst. Der Schreiner verletzt sich beim Sturz schwer und wird mit dem Rega-Heli ins Spital nach Bellinzona geflogen (BLICK berichtete).
«Die Streifzüge ins Hochgebirge sind das Problem»
Elf Personen sind an diesem verhängnisvollen Ausflug beteiligt. Alle haben sie auf der italienischen Seite ein Berghaus im Örtchen San Sisto – und eine Fahrgenehmigung für ein Schneemobil. Doch die gilt nur für die Anfahrt zur Bergsiedlung. Die Fahrt ins Hochgebirge war unbefugt und gegen jede Vorschrift. In die Trauer mischen sich auch Wut und Kritik in den Gemeinden. Viele halten den Ritt auf dem Grat für fahrlässigen Leichtsinn.
«Es musste erst jemand sterben, damit man endlich erkennt, dass diese Streifzüge ins Hochgebirge das eigentliche Problem sind. Ein Problem, das nun dringend angegangen werden muss», schimpft Elena Guanella in der Zeitung «Il Giorno». Die Bürgermeisterin von Campodolcino (I), von wo die Schneetöff-Gruppe gestartet war, zeigt sich erschüttert vom Tod des Schülers Francesco B., aber auch über die Absurdität des Geschehens.
«Schneetöffs stören die Natur und sind gefährlich»
Gleicher Meinung ist auch ihr Kollege von der Grenzgemeinde Madesino (I), wo das Unglück passiert. «Es darf nicht sein, dass ein 16-Jähriger sein Leben verliert», sagt Franco Masanti. Er will die Schneetöff-Rowdys zur Verantwortung ziehen.
Der Gemeindepräsident von Mesocco GR ist ebenfalls gegen die hochalpinen Off-Roader. «Sie stören die Stille der Natur. Und sie sind sehr gefährlich», sagt Christian De Tann. Die Schneetöffs könnten auch Lawinen auslösen. Er sei absolut dagegen, Schneemobilfahrern reine Vergnügungsfahrten zu erlauben, sagt Christian De Tann.
«Diese Fahrzeuge werden immer kraftvoller und schneller. Das verleitet vor allem die Jungen zum Rasen im Schnee», stellt Enea Solari fest. Der Präsident der Lukmanier-Sektion des Tessiner Alpinisten-Verbandes FAT ist selber Motorschlittenfahrer und kennt das Problem. «Wir haben in unserem Gebiet auch viele Schneemobilfahrer. Doch auch bei uns braucht es den PKW-Führerschein und eine Genehmigung der Gemeinde, um so ein Fahrzeug zu nutzen.»