«Ich hoffe, wir können bald zurück»
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Bauer Liesch aus Brienz GR:«Ich hoffe, wir können bald zurück»

«Ich bin froh, dass die Phase Rot beginnt»
Bauer Gian Liesch (38) hofft auf einen guten Rutsch

Am frühen Freitagnachmittag erfuhren die Brienzer, dass der Berg einen Zahn zugelegt hat – bis um 18 Uhr mussten Menschen und Tiere aus dem Dorf sein. Danach gibt es kein zurück mehr, bis die Gefahr vorbei ist. Bauer Gian Liesch ist froh, dass es vorwärtsgeht.
Publiziert: 12.05.2023 um 21:29 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2023 um 06:22 Uhr
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Bauer Gian Liesch (38) bei einer Absperrung vor dem Dorf Brienz GR. Er sagt: «Ich hoffe, dass der Rutsch bald passiert, damit wir zurückkönnen.»
Foto: Beat Michel
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Beat MichelReporter

Am Mittwoch hatte Bauer Gian Liesch (38) zu Blick gesagt, dass er vermutlich dieses Wochenende die Kühe nicht mehr in seinem Stall melken wird. Er sollte recht behalten! Am Freitagnachmittag um 16 Uhr verlädt er die letzten Rinder und bringt sie in verschiedene Ställe rund um Brienz GR. «Es war schon recht emotional», sagt der stämmige Bauer. «Ich vermisse die Tiere schon jetzt.»

Das Verladen sei gut gegangen. Liesch sagt: «Unsere Tiere sind es sich gewohnt, in Anhänger zu steigen und zu reisen. Im Gegensatz zu mir waren sie entspannt.» Am Mittwoch hatte er bereits mit dem Abtransport begonnen. «Ich hatte noch keine Zeit, die Kühe am neuen Ort zu besuchen, aber man hat mir gesagt, es geht ihnen gut.» Die Milchkühe sind jetzt in Cazis GR, die Mutterkühe und das Jungfeh in Ruschein GR, die Kälber in Alvaneu GR.

«Eine gewisse Erleichterung»

Gian Liesch, seine Frau Marcellina (46) und die drei Kinder Noah (11), Mauro (10) und Sarina (7) sind im Dorf Mon GR untergekommen. Das Dorf liegt am gegenüberliegenden Hang, von dort hat die Bauernfamilie direkte Sicht auf Brienz und den Schuttkegel. Wenn die zwei Millionen Kubikmeter Fels ins Rutschen kommen, haben sie freie Sicht auf die Katastrophe.

«Dass die Phase Rot ausgerufen wurde, war für mich auch eine gewisse Erleichterung», sagt Gian Liesch. «Das hat die Hoffnung geweckt, dass der Rutsch bald runterkommt und wir so in zwei, drei Wochen wieder zurückkönnen», sagt Liesch. Sie seien in einer grosszügigen Ferienwohnung untergebracht. Am Donnerstag konnten sie sich schon ein bisschen einrichten, die Nacht auf Samstag wird ihre erste Nacht in Mon.

Emotionaler Abschied

Bereits am Nachmittag leert sich das Dorf rasant. Nur noch wenige Menschen sind unterwegs. Sie verladen ihr Hab und Gut in Autos und Kastenwagen. Die Polizei stellt am Dorfrand Fahrverbote auf, nur noch Einheimische dürfen rein und raus. Das eifrige Packen und Räumen begleitet im Hintergrund vom dunklen Grollen eines Gewitters auf der einen Seite, sowie das Rauschen und Knallen der rutschenden Geröllmassen auf der anderen. Die Natur bietet eine eindrückliche Kulisse für die scheidenden Brienzer.

Kurz vor 18 Uhr fahren die letzten Fahrzeuge aus dem Dorf. Die Bewohner haben die Autos noch mit dem nötigsten gefüllt, auf einem Gepäckträger liegt ein Kinder-Velo. Die Insassen haben Tränen in den Augen. Zur selben Zeit fährt das letzte Postauto durch Brienz. Zwei Rentnerinnen sind die einzigen Passagiere. Danach durchkämmen Mitglieder der Feuerwehr die Strassen, um ganz sicher zu sein, dass sich niemand mehr im Dorf befindet. Die Polizei versiegelt mit schweren Sperren die sechs Einfahrtsstrassen. Über dem Dorf gilt ab sofort Flugverbot.

Insgesamt sei die Evakuierung erfolgreich verlaufen, schreibt die Regierung des Kantons Graubünden in einer Mitteilung. «Wir danken der Bevölkerung und dem Gemeindeführungsstab für das geordnete Vorgehen. Wir drücken unsere Solidarität mit der Bevölkerung in der schweren Zeit aus», so Regierungspräsident Peter Peyer (58). «Die kommenden Tage und Wochen bleiben anspruchsvoll!»

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