Gemeindeversammlung beschliesst 5-Franken-Busse
Bergüner verbieten Ferien-Fotos

Im malerischen Bergün dürfen die Touristen nicht mehr fotografieren. Dafür führt die Gemeinde einen bizarren Grund auf. Wer es trotzdem tut, soll bestraft werden.
Publiziert: 30.05.2017 um 13:17 Uhr
|
Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:50 Uhr
Gesetz-gewordener Tourismus-Gag: Diese Foto eines Fotografie-Verbotsschildes hat die Gemeinde der Medienmitteilung beigelegt.
Foto: www.berguen-filisur.ch

Nein, heute ist nicht der 1. April, sondern der 30. Mai. Umso erstaunlicher ist die Mitteilung, welche die Gemeinde Bergün heute verschickt hat.

Das Bündner Bergdorf hat ein gemeindeweites Fotografierverbot erlassen. Der Grund: Menschen, die gerade nicht im pittoresken Bergdorf weilen, sollen von Fotos aus Bergün nicht unglücklich gemacht werden.

Natürlich ist das Ganze ein weiterer mehr oder weniger origineller Werbegag aus Graubünden.

Einer aber, der in aller politischer Konsequenz durchgezogen wird: Das Fotografierverbot gilt tatsächlich, wie die 500-Seelen-Gemeinde Bergün/Bravuogn am Dienstag mitteilte. Die Gemeindeversammlung hat am Montagabend beschlossen, mit einem neuen Gesetz ein «gemeindeweites und herzliches Fotografierverbot» zu erlassen. Das Verbot wurde mit 46 zu 2 Stimmen überaus klar verabschiedet.

Und einen Tag nach Beschluss des Verbots wartet die Gemeinde schon mit einer fixfertigen Verbotstafel auf. Wahnsinn!

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass schöne Ferienfotos auf Social Media die Betrachter unglücklich machten, wenn diese gerade nicht am abgebildeten Ort sein könnten, schreibt die Gemeinde. Die Gefahr bestünde in Bergün im besonderen Masse, weil das auf knapp 1400 Metern über Meer gelegene Dorf im Albulatal besonders schöne Landschaften zu bieten habe.

«Wir möchten die Menschen ausserhalb der Gemeinde nicht mit Fotos unglücklich machen und laden sie herzlich ein, Bergün selbst zu besuchen und zu erleben», wird Gemeindepräsident Peter Nicolay in der Mitteilung zitiert.

Busse bei Zuwiderhandlung

Offenbar ist man in Bergün gewillt, das Verbot durchzusetzen. Die Gemeinde behalte sich vor, bei Zuwiderhandlungen eine Busse von fünf Franken zu erheben, heisst es. Das Bussgeld soll vollumfänglich dem Alpenschutz im Albulatal zufliessen.

Eine private Sicherheitsfirma, welche heute schon als Dorfpolizei tätig ist, wird die Bussen erheben. Im malerischen Dorf mit seinen grossen Engadinerhäusern steht bereits ein halbes Dutzend Fotografier-Verbotsschilder.

Selbst Bergün-Fillisur-Tourismus befolgt das Verbot und wollte auf Anfrage keine Fotos von Dorf und Landschaft an die Medien senden. «Das Verbot ist rechtskräftig. Wir halten uns daran», sagte Tourismusdirektor Marc-Andrea Barandun der Nachrichtenagentur sda. Von den Twitter-, Instagram- und Facebook-Accounts der Tourismusorganisation seien alle Fotos schon entfernt, als nächstes werde die Homepage bereinigt.

Barandun kann mit dem Verbot gut leben. «So müssen die Leute selber herkommen, um zu sehen, wie schön es hier ist», sagt er. Und wenn die Besucher dann vor Ort seien, hätten sie ein viel schöneres Erlebnis, wenn sie nicht dauernd Fotos schiessen würden.

«Gemeinden, die nicht von Touristen verwöhnt werden, dürfen alles mögliche versuchen – auch Unkonventionelles», sagt der Präsident des Gemeindeverbands Hannes Germann. Ob die Schnappschuss-Idee erfolgreich sein werde oder doch eher eine Schnaps-Idee sei, werde sich weisen, so der SVP-Ständerat. (SDA/bö)

Liebe Leserinnen und Leser, was ist ihre Meinung zum Werbegag? Bitte hinterlassen Sie ihre Meinung unten als Kommentar.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?