Die Brände in Südamerika wüten weiter. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Bundespolizei ermittelt nun gegen die Organisatoren des sogenannten «Tag des Feuers». Rund 70 Personen einer Whatsapp-Gruppe hatten beschlossen, grosse Flächen entlang der Landstrasse BR-163 in Brand zu stecken, um Präsident Jair Bolsonaro (64) zu helfen, die Umweltkontrollen zu lockern. Aber auch Bauern haben überall Feuer gelegt, um neue Weideflächen und Anbaugebiete zu schaffen.
Inzwischen hat Bolsonaro das Militär mit 43’000 Mann losgeschickt, die dem Feuer zu Leibe rücken sollen. Doch: Wie löscht man einen Waldbrand? Haben die Einsatzkräfte in Südamerika gegen die vielen Feuer überhaupt eine Chance? BLICK sprach mit dem Bündner Feuerwehrinspektor Hansueli Roth (64), der in den vergangenen 24 Jahren zahlreiche Waldbrände miterlebt hat.
Viel zu spät reagiert
Für Roth steht fest: Das Wichtigste haben die Löschtruppen in der Region des Amazonas schon mal verpasst. «Man hat zu viele Tage zu schwach operiert», sagt er. «Bei uns schicken wir sofort einen Lösch-Heli los, wenn wir auch nur ein Räuchlein in einem Wald entdecken. Unsere Devise lautet: Lieber mit Kanonen auf Spatzen schiessen, als einen Waldbrand ausser Kontrolle geraten zu lassen.»
Beim Einsatz bei Waldbränden gelte es als Erstes abzuklären, welche Gebiete vordringlich vor dem Feuer geschützt werden müssen. Natürlich sind das bewohnte Gegenden. Im Kanton Graubünden stelle sich zudem sofort die Frage, was Schutzwald, und was Wald, der weniger schützenswert sei.
Warum nicht mehr Flugzeuge?
Am Montag haben die G-7-Staaten beschlossen, 20 Millionen Euro für die Beschaffung von Löschflugzeugen bereitzustellen. Flugzeuge sind beim Kampf gegen Waldbrände das wichtigste Mittel. «Mit dem Angriff aus der Luft versucht man, das Feuer einzudämmen», erklärt Roth. Heute gibt es Löschflugzeuge, die bis 74’000 Liter Wasser fassen können, so etwa in den USA einen umgebauten Jumbojet, der bei jedem Überflug einen Streifen von bis zu fünf Kilometer Länge bewässern kann.
Roth kann nicht verstehen, dass die Südamerikaner nicht schon früher Löschflugzeuge aus aller Welt angefordert hatten. «Als bei uns im Misox 400 Hektar Wald brannten, waren pausenlos acht bis neun Super Pumas in der Luft.»
Sobald die Brände von der Luft aus eingedämmt werden können, stossen Schritt für Schritt kraftvolle Bodentruppen nach, die das Feuer endgültig löschen. Dabei gelte es auch, versteckte Glutnester zu finden. Löscharbeiten im Wald seien äusserst gefährlich, vor allem deswegen, weil wegen der herrschenden Hitze plötzlich ein entfernter Baum zu brennen beginnen kann. «Wir haben selber schon solche Kronensprünge von bis zu 90 Metern erlebt», sagt Roth.
Ganz andere Verhältnisse
Der Bündner Feuerwehrinspektor betont, dass in Südamerika ganz andere Verhältnisse herrschten als in der Schweiz: In Südamerika wurden unzählige Brände an mehreren Orten gelegt, die Wälder sind viel schlechter erschlossen, und die Feuerwehren verfügen über weniger modernes Material. Es ist ein schwerer Kampf!
Roth glaubt nicht an den grossen Erfolg der Löschtruppen. «Wenn einem bei grosser Trockenheit die Kontrolle über einen Waldbrand entgleitet, muss man mit einer enormen Katastrophe rechnen. Jetzt kann nur noch die Natur helfen, indem sie es bald regnen lässt», sagt Roth.
Die Natur allerdings wird, wie die Wetterprognose zeigt, vorläufig nicht eingreifen. Erst am Wochenende könnte es in den betroffenen Gebieten Regen geben.