Fast-Crash an Ski-WM
Pilot «Fondü» ist ein erfahrener Kunstflieger

Nur mit Glück kam die Luftwaffe an einer Katastrophe vorbei. Jetzt stellen Politiker die Showfliegerei in Frage.
Publiziert: 19.02.2017 um 09:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:23 Uhr
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Berufspilot bei der Luftwaffe: Captain A. B.*, Rufname «Fondü, kappte das Kameraseil.
Foto: zvg
Moritz Kaufmann und Christian Maurer

Die Beinahekatastrophe mit dem PC-7-Showflieger-Team der Luftwaffe an der Ski-WM in St. Moritz GR gibt Rätsel auf. «Es sah alles ganz normal aus», sagt ein hoher Luftwaffenoffizier, der dabei war. «Ich kann mir nicht erklären, warum das Flugzeug das Kameraseil touchiert hat.»

Früherer PC-7-Team-Leader angeklagt
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Nach Kollision in St. Moritz:Früherer PC-7-Team-Leader angeklagt

Die in Formation rechts aussen fliegende PC-7 mit dem Rufzeichen Turbo 2 zerfetzte beim Überflug nach rechts das Zugseil einer Seilbahnkamera von SRF. Die Kamera donnerte im Zielraum zu Boden – nur wenige Meter neben den Skirennfahrern und dem Publikum. Es gab keine Verletzten, und der Pilot konnte das havarierte Flugzeug sicher auf dem Flugplatz Samedan GR landen.

Er fliegt sonst eine F/A-18

Der 34-jährige Unglückspilot A. B.*, Rufname «Fondü» in den Fliegertruppen, ist Berufspilot bei der Luftwaffe und fliegt normalerweise einen F/A-18-Kampfjet in der Staffel 17. Mit rund 1700 Flugstunden auf dem Propellerflugzeug PC-7 ist der Familienvater ausserdem einer der erfahrenen Piloten im Kunstflugteam. 

Kurz vor dem Unglück: PC-7-Show an der Ski-WM.
Foto: EQ-Images

Sicher ist: Das verhängnisvolle Seil war in der Flugvorbereitung immer ein Thema. Und im Überflug kann es der Pilot nicht sehen.

Die Militärjustiz klärt nun ab, wie und warum der Unfall passieren konnte und ob «bei der Kommunikation und den Absprachen der Beteiligten von SRF und Luftwaffe» alles korrekt gelaufen ist. «Von Interesse ist insbesondere, ob das Flugzeug zu tief flog oder das Seil zu hoch hing», sagt Tobias Kühne von der Militärjustiz.

Befragungen laufen

Befragt werden neben dem direkt betroffenen Piloten A. B. die acht anderen beteiligten PC-7-Teammitglieder, der Team-Kommandant und Einsatzleiter Oberstleutnant Daniel Stämpfli (46) sowie die für die Kamera- und Kabelinstallationen zuständigen Mitarbeiter von SRF. Mehr will die Militärjustiz zum laufenden Verfahren nicht sagen.

Gerüchte, wonach ein Verantwortlicher von SRF die Einsatzleitung der Showflugtruppe nach dem ersten Überflug in Formation per Funk gewarnt habe, dass die Propellermaschinen zu tief fliegen, werden aus VBS-Kreisen als komplett haltlos dementiert: «Es gab keinerlei Kontakt zwischen Fernsehleuten und Einsatzleitung.»

Der jüngste Luftwaffen-Unfall ist zwar glimpflich ausgegangen. Trotzdem bringt der Beinahe-Crash die bereits angeschlagene Luftwaffe und vor allem ihre Showflug-Teams erneut in Bedrängnis. Allein 2016 stürzten drei Maschinen der Schweizer Luftwaffe ab: Ein Tiger F-5 der Jet-Akrobatiktruppe Patrouille Suisse bei einer Flugshow im Juni, im August ein F/A-18-Jet beim Training im Sustengebiet und im September ein Super-Puma-Helikopter bei einem VIP-Flug auf dem Gotthard. Drei Piloten starben, einer rettete sich mit dem Schleudersitz.

Parmelins Geduld ist bald am Ende

Bundesrat Guy Parmelin (57) verliert langsam aber sicher die Geduld. «Ich finde, wir haben doch recht häufig solche Zwischenfälle, jetzt müssen wir wirklich über die Bücher», sagte der verärgerte VBS-Chef nach dem Unfall an der WM. Bisher hatte sich der Verteidigungsminister stets hinter seine Showflieger und ihren obersten Chef, Luftwaffenkommandant Aldo Schellenberg (58), gestellt. Ihn hat er sogar erst am vergangenen Mittwoch noch zum stellvertretenden Armeechef befördert.

Knallte auf die Piste: Die SRF-Seilkamera verfehlte die Zuschauer nur knapp.
Foto: Reuters

Klarheit verlangen jetzt auch Politiker. Die Unfallserie wird sicher Thema in der Fragestunde der Frühlingssession, die in zwei Wochen anfängt. Regula Rytz (54), Nationalrätin und Präsidentin der Grünen, sagt zu SonntagsBlick: «Ich werde eine parlamentarische Anfrage machen zu den Flugshows der Schweizer Luftwaffe. Ich will wissen, wie hoch die Kosten in den letzten Jahren waren, wie viele Unfälle es gab und ob der Bundesrat an dieser teuren und riskanten PR-Aktion für die Luftwaffe in Zeiten von knappen Finanzen wirklich festhalten will.

PC-7-Team bleibt vorerst auf dem Boden

Auch für FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger stellt sich die Frage, «welche Einsätze mit den Kunstflugformationen noch sinnvoll sind». Die Abläufe und Strukturen in der Luftwaffe seien zu überprüfen. «Das wird sicher ein Thema in der Sicherheitspolitischen Kommission werden.»

Das PC-7-Team bleibt auf Anordnung von VBS-Chef Parmelin vorläufig gegroundet. Die Patrouille Suisse mit den Tiger-F-5-Jets dagegen darf weiterfliegen.

*Name der Redaktion bekannt

Die Schweizer Luftwaffe unterhält drei Showflug-Formationen
  • Die im Jahr 1964 gegründete Patrouille Suisse, die mit sieben rot-weiss bemalten Tiger-F-5-Jets ein normalerweise 18 Minuten langes Programm fliegt. 
  • Das PC-7-Team mit rot-weiss bemalten Pilatus-Propellerflugzeugen ging 1987 erstmals in die Luft und wurde 1989 offiziell gegründet. Die Piloten der Patrouille Suisse und des PC-7-Teams sind Berufspiloten der Luftwaffe und fliegen normalerweise F/A-18-Kampfjets.
  • Für das Super Puma Display Team (Foto) fliegen speziell ausgebildete Helikopter-Piloten jeweils rund achtminütige Vorführungen.
  • Die im Jahr 1964 gegründete Patrouille Suisse, die mit sieben rot-weiss bemalten Tiger-F-5-Jets ein normalerweise 18 Minuten langes Programm fliegt. 
  • Das PC-7-Team mit rot-weiss bemalten Pilatus-Propellerflugzeugen ging 1987 erstmals in die Luft und wurde 1989 offiziell gegründet. Die Piloten der Patrouille Suisse und des PC-7-Teams sind Berufspiloten der Luftwaffe und fliegen normalerweise F/A-18-Kampfjets.
  • Für das Super Puma Display Team (Foto) fliegen speziell ausgebildete Helikopter-Piloten jeweils rund achtminütige Vorführungen.
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