Beim White Turf trifft sich die High Society in St. Moritz GR zum Pferderennen auf dem zugefrorenen See. Die Zuschauer tragen Pelzmäntel, trinken Champagner und feuern die Jockeys an, die halsbrecherisch an ihnen vorbeireiten. Diese Rennen sind nicht ungefährlich – aber legal.
Laut BLICK-Informationen kam es am letzten White Turf aber zu einem illegalen Tempo-Exzess auf dem Eis. Passiert ist es am 17. Februar, am Abend nach dem letzten Pferderennen – mit einem dunkelblauen BMW X5 (V8, 462 PS). Der Bolide wurde mit 127 km/h übers Eis gejagt. Zum Vergleich: Rennhelfer werden angehalten, auf dem gefrorenen See nicht mehr als 20 km/h zu fahren.
Bekannter Unternehmer soll Fahrer sein
Am Steuer soll Florian A.* (51) gesessen haben – ein bekannter Unternehmer aus der Region. Beifahrer war vermutlich der Lokalpolitiker Simon C.* (60). Er soll den Ritt mit seinem Handy gefilmt haben. Auf dem Video ist auch zu hören, wie der Filmer seinen Kollegen anfeuert, noch schneller zu fahren.
Die Männer haben sichtlich Spass an der waghalsigen Autofahrt auf der Piste, die eigentlich für Pferde gemacht ist. BLICK-Recherchen zeigen: die Beschuldigten sind Mitglieder im Organisationskomitee des White Turf. Beim Tatfahrzeug – dem blauen BMW – soll es sich um ein Repräsentationsfahrzeug handeln. Der deutsche Autokonzern ist einer der Hauptsponsoren des Prestigepferderennens.
Verleitete der Alkohol die Männer zur Tempo-Fahrt?
Vor der Aktion waren die Männer am Helfer-Essen des White Turf im Hotel Waldhaus. Recherchen zeigen: Dort wurde reichlich Alkohol getrunken. Aktuell macht das Video im Engadin die Runde. Eine Person, die am Pferderennen war, sagt zu BLICK: «Das geht gar nicht. Dieses Verhalten ist fahrlässig und riskant. Rennstrecke und Material werden zweckentfremdet.»
Als BLICK die beschuldigten Männer mit den Vorwürfen konfrontiert, geben sie sich wortkarg. Der mutmassliche Filmer Simon C. sagt, er sei über diesen Vorfall nicht auf dem Laufenden. Er könne deshalb nichts dazu sagen. Er verweist an seinen Kollegen Florian A. – doch der mutmassliche Fahrer spielt den Unwissenden. Das Mitglied des Organisationskomitees sagt mehrmals, er wisse nichts von diesem Vorfall.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Dafür kennt die Staatsanwaltschaft Graubünden das Video. Staatsanwalt Maurus Eckert bestätigt die laufenden Ermittlungen auf Anfrage. Zum nicht abgeschlossenen Verfahren gibt man dagegen keine Details bekannt. Laut BLICK-Informationen wurde Unternehmer Florian A. wegen des Vorfalls angezeigt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Unbestritten ist, dass der St. Moritzersee Risiken birgt – auch zugefroren. 2018 krachte beim Präparieren der Rennstrecke ein Pistenfahrzeug ein. 2017 kam es am White Turf zu einem schweren Unfall. Damals wurde Jockey George Baker mit der Rega ins Spital geflogen. Er überlebte. Sein Pferd musste eingeschläfert werden.
* Namen geändert