Ihren Mut hat Daniela Rothenberger (62) teuer bezahlt. Die IV-Rentnerin, die an einer geistigen Beeinträchtigung leidet, machte ihre Lohnkürzung in der Villa Sarona in Chur publik. Ihr Arbeitgeber, die Altersheimgruppe Tertianum, hatte ihr Salär von 500 auf 100 Franken im Monat gekürzt. Obwohl das Altersheim vom Sozialamt 264 Franken für sie kassiert.
Nach der BLICK-Enthüllung versuchte der Arbeitgeber die Publikation zu verhindern. Schaltete über Nacht sogar die Bündner Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) ein – und stellte der Mitarbeiterin per superprovisorischen Entscheid einen Beistand vor die Nase.
«Meine Schwester ist nicht verwahrlost»
Für Daniela Rothenberger ein Schock, für ihren Bruder Andrea (57) ein Unding. Er will nun Anzeige wegen Amtsmissbrauch gegen die Kesb stellen. Für ihn wurde mit der Verfügung gegen seine Schwester klar die Verhältnismässigkeit verletzt. Er weiss: «Meine Schwester ist weder verwahrlost noch irgendwie auffällig. Sie führt selbständig und sauber einen Haushalt.»
Für einen superprovisorischen Entscheid muss die Kesb einen Rechtfertigungsgrund geltend machen, und die Massnahme muss verhältnismässig sein. Ansonsten ist der Entscheid missbräuchlich. Und davon geht der Bruder aus: «Für mich ist klar: Die Kesb hat vollkommen überreagiert.»
Diese wehrte sich schon gestern im BLICK. Geschäftsleiter Giusep Defuns: «Wir sind bei Meldungen zum Handeln verpflichtet. Unsere Experten werden auch genau hinschauen, ob das Arbeitsverhältnis korrekt war.»
Tertianum sagt Sorry – und zahlt!
Auch der Hausarzt von Daniela Rothenberger bestätigt das Bild einer gesunden und gewissenhaften Dame. Im BLICK vorliegenden Attest heisst es: «Ich habe sie stets als korrekte und zuverlässige Patientin kennengelernt. Mit Hilfe von Angehörigen kann sie ihre Verpflichtungen erledigen.»
Heute kommt es für Daniela Rothenberger zum wegweisenden Termin mit der Kesb: «Es wird entschieden, ob ich permanent einen Beistand bekomme. Natürlich habe ich Angst, dass ich was Falsches sage. Immerhin hat mein Bruder angeboten, als Beistand einzuspringen, das wäre noch ein kleiner Trost.»
Etwas Balsam auf die Seele dürfte da sein, dass das Altersheim jetzt endlich seinen Fehler eingesteht. Tertianum-Sprecher Andreas Bantel sagt gegenüber BLICK: «Tertianum möchte sich bei Frau Rothenberger entschuldigen. Die Lohnkürzung ist auf einen internen Fehler zurückzuführen, den das Unternehmen inzwischen korrigiert hat. Frau Rothenberger wird auch in Zukunft den gleichen Lohn von 500 Franken erhalten. Die Lohnkürzung der vergangenen Monate wird ihr selbstverständlich zurückerstattet.» Daniela Rothenbergers Mut hat sich also ausgezahlt.