Strahlend blauer Himmel, Bündner Berge und ein Meer von Rebstöcken. So beginnt mein Arbeitstag bei Winzer und Kellermeister Roland Lampert (31) in Maienfeld GR. Direkt am Fusse des Falknis (2560 m ü. M.) erstreckt sich das Weingut Heidelberg. 30'000 Weinstöcke, verteilt auf fünf Hektaren.
«Bis zur Weinlese dauert es noch», erklärt Winzer Lampert zum Anfang. Gut, denke ich mir und freue mich auf einen entspannten Tag. Was macht ein Winzer schon, während er wartet, bis die Trauben reif sind? Nicht viel, oder? Von wegen!
Jeder Handgriff sitzt – aber nicht bei mir
Tatsächlich muss ich gleich mitanpacken. «Zuerst geht es ans Stockrichten», mahnt der Winzer. Die Reben müssen wieder in Form gebracht werden. Die Pflanzen werden zurück hinter die gespannten Drähte gebracht und mit einer Holzklammer fixiert. «Sonst gibt es Wildwuchs», so Lampert. Und das koste bei der Weinlese später Zeit. Und die ist knapp, wenn die Früchte reif sind.
Inzwischen knallt die Sonne vom Himmel. Die Arbeit ist auf Dauer anstrengend – und ein Blick zeigt: Ich habe noch viele Weinstöcke vor mir. Sehr viele. Roland Lampert ist Winzer in vierter Generation. Das merke ich sofort. Jeder Handgriff sitzt bei ihm. Anders als bei mir. Doch es geht voran. Zumindest ein wenig. Rebe für Rebe wird zurück hinter die Drähte gespannt. Fleissarbeit!
Im Sitzen wird ausgelaubt
Während mir der Schweiss runterläuft, kommt der Bündner mit einem kleinen Wägeli. «Damit wird nun ausgelaubt», sagt er. Heisst: Blätter und Triebe entfernen. «Damit genug Sonne und Luft an die Trauben kommen. Im schlimmsten Fall bilden sich im dichten Laubwerk Pilze – und die Ernte wäre dahin.»
Es muss also exakt gearbeitet werden. Und zwar am unteren Teil der Rebe. Normalerweise ist Bücken angesagt. Doch Winzer behelfen sich hier mit einem kleinen Wagen. «Das würde sonst zu sehr in den Rücken gehen», sagt Lampert. Immerhin sitzen, denke ich und rupfe Blätter und Triebe von den Reben. Manchmal zu viele, manchmal zu wenige. Der Winzer korrigiert mich.
Langsam läuft es. Ich merke, was stehen bleiben kann und was unbedingt wegmuss. Stock für Stock wird von mir ausgelaubt. Was ich an dem Tag schaffe, ist aber nur ein Bruchteil der Arbeit. Das ganze Prozedere dauert gut drei Wochen.
Vor dem Mittag wird gegipfelt
Schatten verzweifelt gesucht. Kaum Wolken in Sicht. Obwohl ich sitze, schwitze ich immer noch. Es ist kurz vor 12 Uhr. «Bald gibt es Mittagessen. Doch davor wird noch gegipfelt», ruft Lampert zu mir rüber. Was das wohl bedeutet, gipfeln? Als ich mich von dem Wägeli erhebe, hat der Bündner eine Heckenschere in der Hand. «Damit werden die Stöcke gestutzt. Sie dürfen nicht zu gross werden.»
Das Gipfeln geht flott. Und dann gibt es endlich Essen. «Eine Bündner Spezialität», sagt Lampert. Und zwar Pizzoccheri. Buchweizennudeln mit Mangold, Kartoffeln und Käse. Gekocht von Papa Lampert (69) persönlich. Dazu natürlich ein Glas Wein.
Im Keller riecht es süsslich
Nach den Arbeiten im Weinberg geht es in den Keller. Als ich die Treppe nach unten gehe, steigt mir gleich ein süsslicher Duft in die Nase. Gute Tropfen liegen in der Luft. Im hintersten Raum lagern zwei Jahrgänge Pinot noir in grossen Barrique-Fässern. Etwa 25'000 Liter. Ob sie schon gut sind?
«Den Wein probieren wir später», sagt Lampert. «Davor müssen wir abgefüllte Flaschen für den Verkauf etikettieren.» Aber nicht von Hand. Dafür gibt es eine Maschine mit zahlreichen Spulen und Rädchen. Darin spanne ich ein Etikettenband ein.
«Dafür haben wir gearbeitet»
Bevor der Winzer die Maschine anschmeisst, beginne ich Flaschen auf das Laufband zu stellen. Das Gerät arbeitet schnell, ich komme kaum nach. Dann packe ich die Flaschen in Kartons. Kleber drauf. Fertig. Bereit für den Verkauf. «Das geht manchmal Stunden so. Eine endlose Arbeit», so Lampert. Kein Wunder, denn pro Jahr werden 30'000 Flaschen abgefüllt. Und ich habe gerade mal 50 Flaschen geschafft.
Nach dem Etikettieren führt mich der Bündner in sein kleines Labor. Pipetten, Reagenzgläser und Fläschchen stehen hier. «Damit überprüfe ich die Parameter des Weines», erklärt er. Darunter zum Beispiel Schwefelgehalt und ph-Wert. Letzten Endes vertraue er aber seinem guten Gaumen. «Die Qualität wird degustativ kontrolliert.» Das höre ich gern. Lampert löst den Pfropfen aus einem der Fässer und füllt zwei Gläser mit Wein. Ich nippe am Glas. «Dafür haben wir gearbeitet», sagt er stolz. «Und morgen geht es weiter.» Aber nicht für mich.
Im Volksmund heisst es: «In vino veritas» (Im Wein liegt die Wahrheit). Mag ja sein, es gilt für mich trotzdem nicht mehr. «In vino» liegt nämlich auch verdammt viel Arbeit.
Die Ausbildung zum Winzer dauert drei Jahre. Jedes Jahr schliessen etwa 70 Lehrlinge ihre Ausbildung ab, wie der Schweizerische Weinbauerverband auf Anfrage von BLICK mitteilt. Voraussetzung für die Ausbildung ist der Abschluss der obligatorischen Schule. Die Arbeitszeiten sind unterschiedlich. Wenn es an die Weinlese geht, wird eigentlich rund um die Uhr, also auch am Wochenende, gearbeitet. Der Weinanbau hat Tradition in der Schweiz. Bereits im Römischen Reich wurden die Hänge dafür kultiviert.
Die Ausbildung zum Winzer dauert drei Jahre. Jedes Jahr schliessen etwa 70 Lehrlinge ihre Ausbildung ab, wie der Schweizerische Weinbauerverband auf Anfrage von BLICK mitteilt. Voraussetzung für die Ausbildung ist der Abschluss der obligatorischen Schule. Die Arbeitszeiten sind unterschiedlich. Wenn es an die Weinlese geht, wird eigentlich rund um die Uhr, also auch am Wochenende, gearbeitet. Der Weinanbau hat Tradition in der Schweiz. Bereits im Römischen Reich wurden die Hänge dafür kultiviert.