Für die Angehörigen war der Prozess schwer zu ertragen. Allen ist klar: Unfallopfer Larissa Caviezel (†27) verstarb ohne jegliche Mitschuld, weil der Angeklagte Luca M.* (41) völlig unnötig im Drogen-Rausch ein Überholmanöver ausführte. Dabei schoss er bekifft die junge Roller-Fahrerin frontal ab. Sie erlag noch am Unglücksort ihren schweren Verletzungen (BLICK berichtete).
Heute stand der Einheimische dafür vor dem Regionalgericht Imboden in Domat/Ems GR. Staatsanwalt Aluis Candinas klagt im Hauptpunkt wegen vorsätzlicher Tötung. Heisst konkret: Aus seiner Sicht nahm der mutmassliche Verkehrssünder mit seinem Verhalten den Tod der jungen Frau in Kauf. Der Staatsanwalt fordert eine sechsjährige Freiheitsstrafe.
Richter: «Sie haben den Unfall provoziert»
Der Richter nimmt M. mit kritischen Fragen in die Mangel. Er will wissen, wie er mit dem drohenden Freiheitsentzug umgeht. Der Angeklagte antwortet: «Gar nicht, ich bin sprachlos!» Der Richter doppelt nach: «Sie haben den Unfall mit dem Überholmanöver provoziert.» M. weicht aus: «Ich wollte niemanden gefährden.»
Laut Akten passierte der Horror-Crash im Januar 2017. Morgens um 5.30 Uhr fährt M. mit seinem Audio Q5 in Ems los. Der IV-Rentner und Hausmann möchte noch rasch das Auto für seine Frau aufwärmen, die später zur Arbeit muss. Gegenüber der Polizei gibt er danach zu Protokoll, «dass er ihr um 6 Uhr Kafi ans Bett bringen wollte». Er sei knapp dran gewesen und überholte deshalb.
Bei Aussagen wie diesen schütteln die Zuhörer im Gericht verständnislos den Kopf. Auch weil M. den Roller partout nicht gesehen haben will. Ganz im Gegensatz zu sämtlichen anderen Zeugen, die Larissa Caviezel frühzeitig erkannten. Dazu sagte er nur: «Ich erlebte das anders.»
Laut Psychiater spielt M. den Unfall herunter
Der Richter bleibt hart. Er zitiert aus einem psychiatrischen Gutachten: «Sie neigen zu mangelnder Selbstkritik, bagatellisieren und verdrängen den Vorfall. Heisst, sie suchen die Schuld bei anderen.» Der Angeklagte erwidert: «Beim Psychiater war ich unter Druck. Vielleicht hat er mich so wahrgenommen.» Er ergänzt: «Ich habe auch zwei Töchter. Ich bin kein Unmensch. Ich bin schuld. Meine Gedanken sind bei den Angehörigen.»
Seitens Kläger wird vor Gericht erwähnt, dass M. bereits 1997 einen tödlichen Unfall verursachte und seither mehrmals den Ausweis verlor. Zuletzt wohl am 5. Juli 2002, als er sich ein spontanes Rennen mit einem BMW lieferte. Doch der Richter unterbricht die Ausführung scharf. Der Grund: Die Taten sind verjährt. Der Leumund des Angeklagten gilt als sauber.
Auch der regelmässige Cannabiskonsum von M. kam zur Sprache. Zur Tatzeit hatte er eine THC-Konzentration von 4,5 Mikrogramm pro Liter im Blut, der Grenzwert liegt bei 1,5. Er rechtfertigt sich: «Ich habe am Vorabend einen Joint geraucht. Ich fühlte mich nach dem Aufstehen fit.»
Verteidigung fordert bedingte Freiheitsstrafe
Sein Verteidiger betonte im Plädoyer, dass die Indizien nicht für eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung reichen. «Er hat den Tod von Larissa Caviezel nie bewusst in Kauf genommen», sagt er und fügt an: «Mit maximal 35 km/h zu viel ist der Tatbestand weit entfernt von einem Raserdelikt.» Er fordert deshalb eine bedingte Freiheitsstrafe von 16 Monaten wegen fahrlässiger Tötung. Das Urteil ist auf Mittwochabend angesetzt.
* Name von der Redaktion geändert