Wo sie wohnt, ist geheim. Darum trifft BLICK die 70-jährige Giovanna Blanc in der katholischen Chapelle de Mon-Gré in Lausanne.
Das Licht ist gedämpft. In einem dunklen Zimmer liegen dünne Matratzen am Boden. In einem anderen sitzen ein paar Männer und unterhalten sich – sehr leise. Es sind Flüchtlinge aus Afrika. Die Schweiz geht nicht auf ihren Asylantrag ein. Doch im Réfuge haben sie eine Bleibe gefunden.
Auch dank Giovanna Blanc, die eigentlich anders heisst. Sie engagiert sich freiwillig für das Bleiberecht der abgewiesenen Flüchtlinge. Dabei geht sie bis an die Grenzen der Gesetze – oder darüber hinaus. Sie versteckt Flüchtlinge vor den Behörden.
«Ich habe das nicht geplant», sagt Blanc. Seit bald zehn Jahren öffnet sie ihr Haus für Flüchtlinge, die untertauchen. «Es hat alles damit begonnen, dass jemand sofort Hilfe brauchte und ich gar nicht anders konnte, als diese Person bei mir zu verstecken.» Danach folgten weitere. «Manche blieben länger, andere nur einige Tage, bis wir einen sicheren Ort zum Bleiben für sie gefunden hatten.»
Akt des zivilen Ungehorsams
Blanc war immer überzeugt: «Die Leute haben ein Recht, in der Schweiz zu bleiben.» Auch wenn der Staat das anders sehe. «Das ist ein Akt des zivilen Ungehorsams.»
Die Rettungsaktionen waren teils abenteuerlich: «Eine Frau wurde im Asylzentrum im Nachthemd von der Fremdenpolizei überrascht. Sie wollten sie ausschaffen. Mit der Ausrede, sie wolle sich wenigstens umziehen, konnte sie zurück in ihr Zimmer. Dort rief sie mich an, und ich kam sofort. Die Frau kletterte aus dem Fenster, und wir flüchteten unbemerkt mit dem Auto.»
Mit der Zeit hätten die Behörden gewusst, dass bei ihr Illegale untertauchen können. «Das war mir egal», sagt Blanc. «Ich wusste immer, ich tue das Richtige.» Zwar habe ihr die Polizei immer wieder gedroht, frühmorgens ihr Haus zu durchsuchen, einmal habe die Polizei sie sogar verfolgt. Passiert ist aber bislang nichts.
Giovanna Blanc lässt sich nicht einschüchtern
Nicht nur die Behörden haben kein Verständnis für ihre Taten: «Ich bekomme manchmal sehr böse Briefe und Drohungen», sagt Giovanna Blanc. Sie macht trotzdem weiter.
Sie sei nicht die Einzige, die ihr Zuhause für Flüchtlinge zur Verfügung stelle. «Es gibt viele Menschen in der Schweiz, die sich solidarisch zeigen. Dazu braucht es keine Zivilcourage, es sollte ganz einfach normal sein, Menschen in Not zu helfen», ist Blanc überzeugt. Vor allem jetzt. Denn die Situation für die Flüchtlinge habe sich verschärft. Der Bund mache den Kantonen derzeit massiv Druck, die Asylbewerber auszuschaffen.
Das spürt man auch in der Kirche in Lausanne. Letzte Woche wurden zwei Flüchtlinge verhaftet – einer davon wurde bereits ausgeschafft. Und am Donnerstag hat die Polizei die Kirche durchsucht. Für Giovanna Blanc lässt das nur einen Schluss zu: «Wir werden gezwungen, noch mehr Widerstand gegen den Staat zu leisten und den Flüchtlingen zu helfen.»
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