Gewalt gegen Journalisten
Bund will Medienschaffende besser schützen

Die Schweiz arbeitet an einem nationalen Aktionsplan für die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten. Eine Umfrage zeigt, wie verbreitet Angriffe gegen Medienschaffende sind.
Publiziert: 29.05.2022 um 12:33 Uhr
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Aktualisiert: 30.05.2022 um 16:11 Uhr
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Corona-Demonstrantin in Chur: Medienschaffende sind seit der Pandemie zunehmend Feindlichkeiten ausgesetzt.
Foto: imago images/Rolf Simeon
Fabian Eberhard

Beschimpfungen per E-Mail, Drohungen auf Social Media, körperliche Angriffe: Attacken gegen Journalistinnen und Journalisten sind in der Schweiz keine Seltenheit mehr. Laut der Organisation Reporter ohne Grenzen hat die Zahl der Angriffe vor allem seit der Corona-Pandemie zugenommen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga will Medienschaffende deshalb besser schützen. Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) arbeitet einen nationalen Aktionsplan zum Schutz von Journalisten aus. In einem ersten Schritt hat der Bund der Medienbranche nun den Puls gefühlt. In einer Umfrage wollte das Bakom von den Journalisten wissen, inwiefern sie bei ihrer täglichen Arbeit von Gewalt betroffen sind und was geeignete Massnahmen gegen Anfeindungen im Job wären.

Knapp 200 Medienschaffende aus der ganzen Schweiz haben geantwortet. 83 von ihnen gaben an, selbst schon Attacken erlebt zu haben. Die Mehrheit davon war psychischer Natur – meist im digitalen Raum –, in zehn Fällen kam es aber auch zu körperlicher Gewalt.

Tod einer Journalistin wird Fall für Den Haag

Der TV-Sender Al Dschasira will den Tod von Shireen Abu Akleh (†51) vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bringen. Die Journalistin war am 11. Mai während einer Reportage im Westjordanland mutmasslich von israelischen Sicherheitskräften erschossen worden, obwohl sie mit einer Weste deutlich als Medienschaffende gekennzeichnet war. Eine Kugel traf sie im Kopf, kurz darauf verstarb sie im Spital. Neben dem Tod von Abu Akleh soll auch die Bombardierung des Al-Dschasira-Büros in Gaza im Mai 2021 untersucht werden.

Shireen Abu Akleh, Journalistin beim TV-Sender Al-Jazeera, wurde am 11. Mai im Westjordanland erschossen.
EPA

Der TV-Sender Al Dschasira will den Tod von Shireen Abu Akleh (†51) vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bringen. Die Journalistin war am 11. Mai während einer Reportage im Westjordanland mutmasslich von israelischen Sicherheitskräften erschossen worden, obwohl sie mit einer Weste deutlich als Medienschaffende gekennzeichnet war. Eine Kugel traf sie im Kopf, kurz darauf verstarb sie im Spital. Neben dem Tod von Abu Akleh soll auch die Bombardierung des Al-Dschasira-Büros in Gaza im Mai 2021 untersucht werden.

«Morddrohung nach einer Berichterstattung über eine Gerichtsverhandlung über einen bewaffneten Raubüberfall an einer Tankstelle», antwortete eine befragte Person. Eine andere: «Stalking sowohl mit Abwarten vor dem Medienhaus, später dann auch digital mit E-Mail und Telefonanrufen.» Eine weitere Antwort: «Verschwörungstheoretiker haben nach einer Recherche von mir eine personalisierte Kampagne gegen mich gefahren.» Viele der Betroffenen gaben zudem an, dass die Attacke für die Angreifer ohne Konsequenzen geblieben sei.

Rechtsschutz, Anlaufstellen und Aufklärung

Laut Bakom-Sprecherin Caroline Sauser zeigen die Resultate, dass es auch in der Schweiz Drohungen und Gewalt gegen Medienschaffende gibt. «Das Klima ist im Rahmen der Corona-Pandemie harscher geworden», sagt sie. Mit dem nationalen Aktionsplan soll die Sicherheit von Medienschaffenden in Zukunft besser gewährleistet sein.

Noch ist unklar, welche Massnahmen der Aktionsplan beinhalten wird. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage wünschen sich unter anderem mehr Rechtsschutz, unabhängige Anlaufstellen und eine Aufklärung der Bevölkerung über die Rolle und Aufgaben der Medien für die Gesellschaft.

Einige der Befragten stehen einem nationalen Aktionsplan aber auch skeptisch gegenüber. Ihre Argumente gegen das Projekt: Medienschaffende hätten bereits «genügend Möglichkeiten», sich zu wehren. Und: In der Schweiz gebe es «keine Extremfälle». Oder noch simpler: Ein Aktionsplan würde schlicht «nichts nützen».

Die Verantwortlichen des Bakom wollen nun mit Arbeitgebern, Verbänden und Behörden zusammensitzen und konkrete Schutzmassnahmen ausarbeiten.

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