Die stärksten Hurrikane aller Zeiten, Felsstürze in Bondo GR, das Wetter scheint im Moment verrückt zu spielen. Für die rund 600 Teilnehmer des Swiss Energy and Climate Summit (SwissECS) gibt es aber trotz allem keinen Grund für Panik.
Im Gegenteil: Das Motto der zweitägigen Konferenz für Energie- und Klimafragen in Bern lautet «Boost – Energiezukunft als Chance». 20 Unternehmen und Start-ups stellen in der Expo-Zone aus.
Rund 35 Experten aus dem In- und Ausland präsentieren Ideen, wie der Strom in Zukunft in unsere Steckdosen kommen soll. «Wir stehen vor grossen Herausforderungen», sagte Ueli Winzenried, SwissECS-Präsident, gestern bei der Eröffnung. «Es macht Sinn, Ökologie und Ökonomie unter einen Hut zu bringen.»
80 Prozent erneuerbarer Strom bis 2050
Optimistisch ist auch Christiana Figueres, frühere Generalsekretärin der Uno-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). «Die Transformation hin zu erneuerbaren Energien kann nicht gestoppt werden», sagte die Mitinitiantin des Pariser Klimaabkommens. «Wir stehen vor einer Revolution.» Bis 2020 werde weltweit Strom aus 23,7 Prozent erneuerbaren Energien stammen. «Im Jahr 2050 werden es 70 bis 80 Prozent sein.»
In Zukunft werde jedes Land energietechnisch unabhängig sein. Auch bei der Mobilität ist die Klima-Expertin zuversichtlich: «Indien will 2030 nur noch Elektro-Autos haben. China produziert bald E-Autos, die 8000 Dollar kosten.»
Auch die Schweiz ist gefordert. «Wir stehen vor einer Umwandlung des Energiesystems», sagte Benoît Revaz (46), Direktor des Bundesamts für Energie. «Beim Hausbau muss man künftig daran denken, dass das Haus auch Energie produzieren soll. Morgen sind Gebäude intelligente Verbraucher, die gleichzeitig Energie produzieren und speichern.»
Vorreiterrolle für die Schweiz
Auch die Altstadt von Bern könne einbezogen werden. «Es gibt schon heute Solarzellen auf Dächern, die man praktisch nicht mehr sieht.»
Für Ben Hammersley (41), Futurologie- und Digitalexperte, ist klar: «Die Energie-Industrie muss ihren Innovationszyklus dem rasanten Tempo der Digitalisierung anpassen.» Letztere werde die Umwelt verbessern. «Die Industrie braucht weniger Energie, und es gibt effizientere Energiesysteme.»
In China ist man davon noch weit entfernt: Kohlenkraftwerke liefern den meisten Strom. Yufu Cheng (43) leitet in China die Regions of Climate Actions (R20) – eine nichtstaatliche Organisation, die 2010 von Arnold Schwarzenegger und der Uno initiiert wurde. Er meint: «China produziert Güter für die ganze Welt. Die Emissionen der Produktion der iPhones bleiben in China. Die Herausforderungen sind riesig.»
Die Schweiz kann dabei eine Vorreiterrolle spielen. «Die Energiestrategie 2050 muss jetzt umgesetzt werden», sagt Chris Luebkeman (56), US-Ingenieur, Architekt und Geologe. «Mit Sensoren und Isolation kann man heute schon viel erreichen.»