Genussmittel
E-Zigarette drängt mit Nebengeräuschen auf den Schweizer Markt

Mit dem Aufkommen von nikotinhaltigen Liquids und der E-Zigarette Juul in der Schweiz war elektronisches Rauchen eines der Topthemen des Jahres 2018. Im Zentrum stand die Frage, ob es auch Minderjährigen zugänglich gemacht werden soll.
Publiziert: 28.12.2018 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 28.12.2018 um 09:35 Uhr
Der US-Anbieter Juul hat mit seinen bei Jugendlichen beliebten Liquid-Nikotinverdampfern einige Bewegung und Kontroversen ausgelöst.
Foto: KEYSTONE/AP/JULIO CORTEZ

Solange die Liquids verboten waren, führte die E-Zigarette noch ein Nischendasein in der Schweiz. Ende April veränderte sich die Situation schlagartig, als das Bundesverwaltungsgericht das Verbot von nikotinhaltigen Liquids für E-Zigaretten mit sofortiger Wirkung kippte. Fortan waren der Import und Verkauf unter Berücksichtigung des Cassis de Dijon-Prinzips zulässig.

Allerdings war der Verkauf noch nicht geregelt, vor allem bezüglich Minderjähriger. Das neue Tabakproduktegesetz war erst unterwegs und noch nicht beschlossen. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) lud deshalb Branchenvertreter an einen Runden Tisch, um diese Lücke zu füllen und nach Lösungen zu suchen.

Innerhalb von zwei Monaten entstand so ein Selbstregulierungspaket für den E-Zigaretten-Bereich. "Wir sind mit dem Resultat sehr zufrieden, das vor allem dank den involvierten Unternehmen zu Stande gekommen ist", betont BLV-Mediensprecher Stefan Kunfermann im Gespräch mit der Agentur Keystone-SDA.

Einige Anbieter beschlossen auf freiwilliger Basis einen Verhaltenskodex, diese Produkte nicht an Minderjährige zu verkaufen. Der Codex trat am 1. Oktober in Kraft.

Mit der Markteinführung des Nikotinverdampfers von Juul in der Schweiz Anfang Dezember gewann die Problematik des Verkaufs an Minderjährige schnell wieder an Dringlichkeit. Die Nummer 1 für E-Zigaretten auf dem US-Markt sah sich Kritik ausgesetzt, weil viele Jugendliche auf das neue Produkt aus Übersee ansprachen. Der Konzern passte in der Folge seine Marketingstrategie an und zog gewisse Geschmacksrichtungen, die bei den jugendlichen Käufern sehr angesagt waren, aus dem Angebot zurück.

Um die Wogen zu glätten, kündigte Juul an, den knapp 1,8 Millionen Raucherinnen und Rauchern in der Schweiz eine Rauchstopp-Hilfe anzubieten. Der Konzern unterzeichnete den Verhaltenskodex zum Mindestalter inklusive Werbeeinschränkungen im Jugendbereich.

Juul bewog mit seinen hochdosierten elektronischen Nikotinprodukten viele Raucher, von der klassischen Zigarette abzulassen. In den USA enthalten ihre Liquids 59 Milligramm Nikotin pro Milliliter, die Suchtgefahr ist entsprechend hoch. In der Schweiz und in Europa steigt Juul mit den maximal erlaubten 20 Milligramm pro Milliliter ein, was immer noch sehr viel ist.

Die Kontroverse um den Verkauf an Minderjährige vermochte die Diskussionen über die gesundheitlichen Folgen des Rauchens von E-Zigaretten etwas in den Hintergrund zu drängen. Nichtrauchern wird klar davon abgeraten. Für den klassischen Zigaretten-Raucher allerdings kann die E-Zigarette laut Experten eine Alternative darstellen, weil sie 95 Prozent weniger schädlich sei.

Es ist eine Möglichkeit, dem Rauchen zu frönen, ohne die meisten der bedenklichen Inhaltsstoffe einer normalen Zigarette zu inhalieren. Allerdings gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Langzeitwirkung von E-Zigaretten-Konsum.

Fast zwei Drittel der Raucher möchten aufhören. Sofort vollständig auf Nikotin zu verzichten ist für viele aber zu anspruchsvoll. Die Suchthilfe Ost in Olten schlägt deshalb neuerdings ein neues Entwöhnungsprogramm vor, das die E-Zigarette integriert.

Die Schweiz gehört im Kampf gegen den Tabakmissbrauch nicht eben zu den Vorzeigebeispielen. Jeder vierte über 15-Jährige raucht. Jährlich sterben 9500 Personen vorzeitig an den Folgen des Rauchens. Das sind 15 Prozent aller Todesfälle in der Schweiz.

Ein neues Tabakproduktegesetz soll frühestens 2022 in Kraft treten. Der Bundesrat hat Ende November einen zweiten Anlauf genommen und die Botschaft den Räten zugestellt. Der Gesetzesentwurf enthält ein Verkaufsverbot für unter 18-Jährige, ein Verbot auch von E-Zigaretten im Rauchverbot, will aber auf neue Werbeverbote verzichten.

Drei Tage vor Weihnachten haben die Detailhändler Coop, Denner und Valora den Jugendschutz verstärkt. Ab Januar 2019 verkaufen sie Zigaretten und andere Tabakprodukte sowie E-Zigaretten nur noch an volljährige Kunden.

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