Zu einem Riesenflop war schon der Prozess gegen den vermeintlichen russischen Mafia-Oligarchen Sergei Michailow geraten. Er sass zwei Jahre unschuldig in U-Haft. Der Kanton musste ihm im Jahr 2000 rund 800'000 Franken Schadenersatz zahlen.
Die kantonale Justiz ist fest in der Hand der Politik. Posten werden gerne nach Parteibuch und nicht immer nach Qualifikation besetzt.
Auch mit dem Mordurteil gegen den Ex-Polizeichef von Guatemala, Erwin Sperisen (46), bekleckerte sich die Justiz nicht mit Ruhm. Sperisen ist Doppelbürger von Guatemala und der Schweiz, 2007 zog er nach Genf. Zwei Jahre zuvor soll er beim Sturm auf das Gefängnis El Pavón sieben Häftlinge getötet haben. Die Genfer Justiz begann 2009 zu ermitteln.
Als Schweizer Bürger wurde Sperisen nicht ausgeliefert, sondern vor das Kriminalgericht in Genf gestellt. Das verurteilte ihn 2014 wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Das Appellationsgericht bestätigte letztes Jahr das Urteil. Seit vier Jahren sitzt Sperisen im Gefängnis Champ-Dollon, rechtskräftig verurteilt ist er aber nicht: Sein Rekurs beim Bundesgericht ist noch hängig. Sperisens Seite beklagt, der Prozess habe sich auf Indizien gestützt, obwohl es Ungereimtheiten gab – und die genauen Umstände des Massakers bis heute nicht geklärt sind.
Stein des Anstosses im Fall Anthamatten war ein Blitz-Gutachten von zwei französischen Psychiatern, die dafür zusammen 10'000 Franken erhielten. Das ist günstig im Vergleich zu den beiden Schweizer Gutachtern, die 50'000 Franken kassierten. Den Auftrag an die Franzosen hatte Generalstaatsanwalt Olivier Jornot (47, FDP) erteilt: «Ich wollte einen anderen Ansatz reinbringen.»
Im chaotischen Prozess wies das Gericht das französische Gutachten zurück. Gerichtspräsidentin Anne-Isabelle Jeandin Potenza (45, CVP) sucht nun verzweifelt neue Gutachter.