Geisterfahrerin zerstörte Martin Wittwers Leben
«Jetzt erpresst mich auch noch die Versicherung»

Am 2. November 2009 veränderte ein schwerer Unfall das Leben von Martin Wittwer (43) für immer. Seither kann er nicht mehr in seinen erlernten Berufen als Chauffeur und Metzger arbeiten.
Publiziert: 05.10.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:09 Uhr
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Martin Wittwer bei der Unfallstelle in Bern bei der A6.
Foto: Peter Gerber
Von Beat Michel

Noch immer, fünfeinhalb Jahre nach dem Horrorunfall auf der A6, kämpft der dreifache Vater für eine angemessene Entschädigung durch die Versicherung der Unfallverursacherin.

An jenem Tag, es war früher Abend, fuhr Martin Wittwer in Freiburg mit einem Freund von einem Unihockey-Match nach Hause. «Als wir in Düdingen auf die Autobahn kamen, schlief ich ein», erinnert sich Wittwer. Bei der Ausfahrt Bern-Wankdorf wachte ich kurz auf. Ich dachte mir, das dauert noch ein Weilchen, und schlief weiter.»

Wenige Augenblicke später fährt Maria L.* (damals 74) über die Ausfahrt Ostring den verkehrten Weg auf die A6. Genau 7,5 Sekunden ist sie als Geisterfahrerin in Richtung Norden unterwegs. Dann knallt sie frontal in den entgegenkommenden Peugeot 205 mit dem schlafenden Martin Wittwer auf dem Beifahrersitz.

Der Fahrer, Wittwers Freund, wird nur leicht verletzt. Martin bricht sich beide Handgelenke, das Brustbein, sieben Rippen und den rechten Fuss.

Seit dem Unfall hat er regelmässige Flashbacks und panische Angst vor dem Autofahren. Zudem kann er mit seinen kaputten Handgelenken nicht mehr als fünf Kilo heben.

Martin Wittwer arbeitet heute als Zeitungsverträger. Allianz Schweiz, die Haftpflichtversicherung der Geisterfahrerin, will Wittwer mit nur 15'000 Franken abspeisen. Sein Anwalt hat aber einen Anspruch von 120'000 Franken errechnet. Wittwer wäre mit den 15'000 Franken zufrieden, wenn die Versicherung wenigstens auch die Haftung für die Langzeitschäden übernimmt, so wie etwa die Arthrose in seiner rechten Hand.

Doch die Versicherung schaltet auf stur und setzt Wittwer unter Druck. In einem Brief drohte sie ihm letzte Woche, bisher erbrachte Leistungen zurückzufordern, falls er die Entschädigung nicht sofort annehme und unterschreibe. Bernd de Wall, Sprecher von Allianz Suisse: «Wir sind für die Haftpflichtschäden vollständig eingestanden. Zusätzliche Forderungen müssen wir als Versicherer auf die juristische Rechtmässigkeit überprüfen. Zu laufenden Verfahren nehmen wir grundsätzlich keine Stellung.»

Martin Wittwer ist verbittert. Schlimm für ihn ist auch, dass sich die Geisterfahrerin nie bei ihm entschuldigt hat. «Sie hat mein Leben zerstört.»

* Name der Redaktion bekannt

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