Der Bundesrat will Daten und Akten des Nachrichtendienstes (NDB) 30 Jahre länger geheim halten, als im Gesetz vorgesehen. Betroffen wären auch die Dokumente zu den Beziehungen des NDB mit dem Apartheid-Regime in Südafrika. Die Linke reagiert empört.
Mit Artikel 57a seiner Verordnung über den Nachrichtendienst soll die 50-jährige Schutzfrist für Archivgut des NDB und seiner Vorgängerorganisationen um 30 Jahre verlängert werden. Die Verlängerung gälte für alle NDB-Akten, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung im Bundesarchiv befinden.
Dunkle Kapitel im Archiv
Dazu gehörten zum Beispiel auch die zwischen 1967 und 1997 archivierten Daten über die Beziehungen des NDB zum Apartheid-Regime. Darüber berichtete die Sendung «Heute Morgen» am Donnerstag.
Peter Hug, Historiker und Mitglied des Nationalen Forschungsprogramms Schweiz-Südafrika, sagte gegenüber der SRF-Sendung, der bundesrätliche Vorschlag verstosse damit «gegen die klaren Bestimmung von Artikel 68 des Nachrichtendienstgesetzes». Denn dieser sieht lediglich eine 50-jährige Schutzfrist für alle archivierten Daten und Akten des NDB vor. «Das kann man nicht einfach aushebeln.»
Zudem sorge die neue Regelung für Verschwörungstheorien. «Der Nachrichtendienst müsste eigentlich ein eminentes Interesse daran haben, solchen Legendenbildungen, die seinem Ansehen schaden, entgegen zu wirken», sagt Hug zu «Radio SRF». Und deshalb müsste er für eine grössere Offenlegung seiner eigenen Akten eintreten.»
Am 25. September 2016 hatten die Schweizer Stimmberechtigten das Nachrichtendienstgesetz mit 65,5 Prozent deutlich angenommen. Es soll voraussichtlich am 1. September 2017 in Kraft treten.
Neue Regelung stösst auf Kritik
Mit dem revidierten Gesetz wurde auch eine Erneuerung des Verordnungsrechts nötig. Der Bundesrat schickte seinen Entwurf im Januar in die Vernehmlassung. Die Frist lief am Ostersonntag ab. Stellungsnahmen von Parteien und interessierten Kreisen gab es dazu kaum. Nur die SP und die Grünen äusserten sich kritisch.
Sie fordern in ihren Stellungsnahmen unter anderem die «ersatzlose Streichung» des Absatzes über die Verlängerung der Schutzfrist, weil er im Widerspruch zum Nachrichtendienstgesetz stehe. Die Verlängerung im Rahmen einer Verordnung auf 80 Jahre wäre willkürlich und widerspreche ausserdem dem Willen des Gesetzgebers, schreibt die SP.
Auch für die Grünen gibt es für die Verlängerung der Schutzfrist keine gesetzliche Basis. Denn sie verletze sowohl das Nachrichtendienstgesetz als auch das Gesetz über die Archivierung, hält die Partei in ihrer Antwort fest.
Der Bundesrat begründet die Verlängerung der Schutzfrist im Bericht zur Verordnung gegenüber Radio SRF nicht. (SDA/kra)