Sie sieht erschöpft aus. Ihre Stimme klingt, als hätte sie ihre Lebenskraft verloren. Seit dem 7. Januar ist Beatrice Stöckli in den Fängen von Islamisten. An jenem Donnerstag wurde die Baslerin in ihrem Zuhause in Timbuktu von Bewaffneten entführt. Bereits 2012 war sie verschleppt worden – und unter der Bedingung, nicht in die Wüstenstadt zurückzukommen, wieder freigelassen. Doch daran hat sich die christliche Missionarin nicht gehalten.
«Muslimische Söhne vom Glauben abgebracht»
Jetzt ist ein Video mit einer Bekenner-Botschaft aufgetaucht. Die Verantwortung für die Entführung der «andersgläubigen Evangelistin, die durch ihre Arbeit viele muslimische Söhne vom Glauben abgebracht» habe, übernimmt die Gruppe «Emirat der Sahara». Die Dschihadisten stehen dem Terror-Netzwerk Al-Kaida im Maghreb nahe.
Beatrice Stöckli kommt in dem rund achtminütigen Video selber zu Wort. In einen schwarzen Hidschab gehüllt wird sie hauptsächlich von der Seite gefilmt. Ihre französischen Sätze sind mit arabischen Untertiteln versehen. «Ich heisse Beatrice Stöckli. Und ich bin Schweizerin», sagt sie.
Als die Einstellung wechselt, sieht man Stöckli von vorne. «Heute ist Dienstag, der 19. Januar 2016 – nach der Attacke auf ein Hotel in Ouagadougou.» Ob die Angabe des Datums stimmt und ob die Sequenzen an nur einem Tag aufgenommen wurden, ist nicht sicher.
Schweizer Regierung unter Zugzwang?
Noch bevor Stöckli im Film gezeigt wird, macht ein vermummter Dschihadist die Bedingungen für die Freilassung der Schweizerin klar. Er wendet sich dabei direkt an die Schweiz: «Wir möchten der Schweizer Regierung eine Botschaft schicken», sagt er. Bis jetzt hätten sie eher im Geheimen und im Hintergrund agiert, doch jetzt habe man eingesehen, dass «dieses Handeln in solchen Situationen» vergeblich sei.
Die Forderungen für Stöcklis Freiheit sind unmissverständlich formuliert: So sollen mehrere gefangengenommene Kämpfer aus den Reihen der Terroristen freigelassen werden. Diese sitzen derzeit in malischen Gefängnissen.
Zudem fordert der Sprecher die Rückkehr «unseres Bruders» Ahmad al-Faqi al-Mahdi. Der Anführer muss sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag verantworten. Ihm soll der Prozess für die Zerstörung historischer Kulturgüter in Timbuktu gemacht werden. «Abschliessend sagen wir der Schweizer Regierung, dass Beatrice Stöckli nicht freigelassen wird, bevor nicht alle unsere Forderungen erfüllt sind.»
EDA warnte Stöckli vor «hoher persönlicher Gefährdung»
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) setzte nach der erneuten Entführung der Baslerin eine Taskforce ein. Die Schweizer Vertretung vor Ort stehe in Kontakt mit den lokalen Behörden. Auf Anfrage von BLICK sagt Sprecher Stefan von Below, dem EDA sei das Video bekannt. «Die Schweiz fordert die bedingungslose Freilassung der entführten Person.»
Genauere Informationen zur Taskforce oder zu möglichen Verhandlungen will das EDA keine geben. Es verweist auf die Stellungnahme vom 8. Januar: «In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Polizei fedpol und dem Nachrichtendienst des Bundes setzt sich das EDA dafür ein, eine Freilassung der Schweizer Bürgerin bei guter Gesundheit zu erreichen», steht dort.
Das Departement rate wegen der hohen Entführungsgefahr bereits seit dem 1. Dezember 2009 von Reisen nach Mali ab. Nach dem Ende von Stöcklis Entführung 2012 habe das EDA «die betroffene Schweizer Staatsangehörige auf die hohe persönliche Gefährdung in Mali hingewiesen [...] und ihr von einem weiteren Aufenthalt in Mali nachdrücklich abgeraten.» (lex)