Für 8 Stunden festgehalten
Unschuldige Mutter wird am Genfer Zoll festgenommen

Eine Familie aus dem Kanton Waadt ist mit dem Auto unterwegs nach Barcelona. Bei der Grenzkontrolle dann der Schock: Die Mutter wird festgenommen und in Handschellen gelegt.
Publiziert: 16.06.2021 um 16:43 Uhr
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Am Zoll in Bardonnex GE wird eine Mutter festgenommen und in Handschellen gelegt. (Symbolbild)
Foto: Jean-Guy Python

Am Samstag, dem 5. Juni, macht sich eine Familie aus dem Kanton Waadt auf nach Barcelona. Die Eltern, die sich mit einem dürftigen Einkommen über die Runden schlagen müssen, wollen sich in Spanien von einem befreundeten Zahnarzt behandeln lassen.

Abrupt nimmt die Autoreise um 6.30 Uhr morgens jedoch ein Ende. An der Grenze zu Frankreich wird die Mutter von Zollbeamten verhaftet und in Handschellen gelegt.

Sieben Stunden lang verhört

Der Grund: Die Frau, die als Coiffeuse arbeitet, wird von Interpol für eine gesuchte Person gehalten. Sowohl der Name wie auch das Fahrzeug würden mit den Angaben, welche die Behörden von der gesuchten Person hätten, übereinstimmen, schreibt die «Tribune de Genève». Die Frau wird sieben Stunden lang auf dem Polizeiposten festgehalten, das Auto beschlagnahmt: «Ich wurde beschuldigt, die Versicherung für die Kennzeichen nicht bezahlt zu haben», erzählt sie.

Die Beamten fordern die Frau dazu auf, bis Dienstag zahlreiche Dokumente über sich selbst sowie ihren Ehepartner und den Kindern zu sammeln und zur Prüfung einzureichen. Sogar eine Abschiebung aus der Schweiz soll zur Sprache gekommen sein, sagt die Mutter weiter zur Zeitung. Dazu kommt eine Rechnung von 1328 Franken, welche die Familie für die Beschlagnahmung ihres Autos zahlen soll.

«Leider kein Einzelfall»

Über die Anschuldigungen verblüfft, wendet sich die Frau in den nächsten Tagen an die Waadtländer Kraftfahrzeugbehörde (SAN). So erfährt sie, dass ihr Fahrzeug am 8. Juni von einem SAN-Mitarbeiter auf den Namen einer falschen Person zugelassen wurde. Einzig das Geburtsdatum der Person stimmt mit demjenigen der fälschlich beschuldigten Mutter überein.

Laut Daniel Meyer, dem Anwalt der Frau, sei dies kein Einzelfall: «Leider ist dies nicht das erste Mal, dass eine Person aufgrund eines Fehlers des SAN von der Polizei verhaftet wird.»

Verfahren eingeleitet – ohne notwendigen Überprüfungen

Den Irrtum bestätigt auch die Pressestelle der Genfer Polizei. Sie räumt ein: Das Verfahren gegen die betroffene Frau wurde eingeleitet, ohne vorher die notwendigen Überprüfungen bei den Versicherungsgesellschaften oder den zuständigen Behörden durchzuführen.

Am Zoll: Wenn einer eine Reise tut

Der Grund: Die Überprüfungen können nur während der Bürozeiten stattfinden, was in diesem Fall – an einem Samstag – nicht möglich war.

«Für das eingeleitete Verfahren haben wir uns vorerst auf die Informationen unserer Computerdateien gestützt», heisst es seitens der Polizei weiter. Und: «In solchen Situationen muss man einen kühlen Kopf bewahren.»

Was die offene Rechnung von 1328 Franken für die Beschlagnahmung des Autos betrifft, können die Beamten der Familie nicht weiterhelfen. Dafür sei nämlich ein anderes Amt zuständig. (une)


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