Fremdenfeindliche Polemik auf Inside Paradeplatz
Journalist des Jahres verbreitet Hetzartikel gegen Flüchtlinge

Lukas Hässig hat Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz im Alleingang zu Fall gebracht. Nun publiziert er auf seinem Finanzportal Inside Paradeplatz Hetzartikel gegen Asylbewerber.
Publiziert: 09.02.2019 um 23:49 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2019 um 00:49 Uhr
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Lukas Hässig (r.) bei der Ehrung zum Journalisten des Jahres durch das Magazin «Schweizer Journalist».
Foto: Keystone
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Ohne ihn hätte Pierin Vincenz (62) wohl noch immer ein ­Saubermann-Image: Lukas Hässig (54), Inhaber, Betreiber und Autor des ­Finanzblogs Inside Paradeplatz (IP).

Der unnachgiebige Journalist brachte die Raiffeisen-Lawine im Alleingang ins Rollen. Ohne seine Recherchen hätte die Zürcher Staatsanwaltschaft wohl nie gegen den einstigen Starbanker ermittelt. Dafür wurde Hässig zum Schweizer Journalisten des Jahres 2018 gekürt.

Doch nun gerät der ­Finanzjournalist auf Abwege. Diese Woche veröffentlichte er in seinem Blog einen Artikel, in dem nicht gegen Reiche und Mäch­tige geschossen wird, sondern gegen die Schwächsten der Gesellschaft – Flüchtlinge.

«50-jährig und ausgesteuert? Verbrenne Pass und ID und lerne Arabisch.» Unter diesem Titel darf eine Gastautorin, von Beruf Ingenieurin mit Spezialgebiet Energie, unwidersprochen gegen Asylbewerber hetzen. Man müsse nur «etwas theatralisch veranlagt» sein, sich einen «Vollbart wachsen lassen» sowie die «Mär des Arabischen Frühlings» auftischen, um in der Schweiz Asyl zu erhalten und ausgesorgt zu haben: «Kein Druck vom Sozialamt, keine Fragereien, keine Erbsenzählerei.»

Dass es Menschen gibt, die vor Krieg und Unterdrückung in die Schweiz fliehen, schliesst die Autorin aus. Für Flüchtlinge sei es kein Problem, in ihrer Heimat Ferien zu machen, dort herrschten sowieso «weder Krieg noch Verfolgung».

Erwiesenermassen falsch

Der Artikel bedient sich nicht nur billigster Polemik, sondern beinhaltet auch unbestreitbare faktische Fehler. Zum Beispiel, dass in der Schweiz «bis dato 60'000 Syrer» als anerkannte Flüchtlinge aufgenommen wurden. Gemäss Staatssekretariat für Migration (SEM) hielten sich am Stichtag 30. November 2018 nur 20'153 Personen aus Syrien in der Schweiz auf.

Zudem betont das SEM, dass Flüchtlinge mitnichten einfach mit Geld versorgt würden und sich in der Hängematte ausruhen könnten: «Verhält sich ­jemand unkooperativ und ­bemüht sich beispielsweise nicht darum, eine Landessprache zu erlernen oder eine Erwerbstätigkeit zu ­suchen, kann ihm dafür die Sozialhilfe gekürzt werden», so ein Sprecher.

Auch würden Flüchtlinge nicht bevorteilt, sondern nur so weit gefördert, dass sie eine Chance haben, von der Sozialhilfe wegzukommen und Arbeit zu finden.

Hässig: «Die Frau kann schreiben»

Und was sagt Lukas Hässig zu dem fehlerhaften Hetzartikel? Der Journalist des Jahres verteidigt den Beitrag seiner Gastautorin: «Die Frau kann schreiben und packt mutig heisse ­Eisen an. In diesem Meinungsstück geht es ihr nicht um Flüchtlinge, sondern sie kämpft für die älteren Verlierer unserer Arbeitswelt, die von der Politik links liegen gelassen werden.»

Von Fremdenfeindlichkeit in seinem Blog will Hässig nichts wissen. Stattdessen betont er, dass er sich mit IP für die Meinungsäusserungsfreiheit einsetze.

Erstaunlich: Der Artikel der unbekannten Autorin wurde öfter gelesen als die meisten von Hässigs Vincenz-Recherchen. Ob sich die Themen-Erweiterung für das Finanzportal langfristig auszahlt, ist jedoch fraglich. In den Kommentarspalten gibt es zwar einigen Zuspruch, aber mindestens genauso viel Kritik. Ein aufgebrachter Leser bringt seine Meinung kurz und bündig auf den Punkt: «Pfui Teufel!»

Der Verfasser dieses Kommentars darf darauf hoffen, auf IP bald schon eigene Artikel zu publizieren. Auf die Verfasserin des Hetzartikels wurde Hässig nämlich durch deren «herausragende Kommentare» auf IP aufmerksam.

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