Mafia liess mit Diplomatenauto 500 Millionen in die Schweiz schmuggeln
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Mega-Prozess gegen 'Ndrangheta:Mafia liess von Diplomaten 500 Millionen schmuggeln

Freimaurer sollen geholfen haben, Lire in der Schweiz in Euro zu tauschen
Mafia liess 500 Millionen Fr von Diplomaten schmuggeln

Die italienische Mafia liess Drogengelder in Lire von Botschaftern in deren Diplomatenautos in die Schweiz bringen – und dann in Euro umtauschen. Dies sagt ein Ex-Mafioso in einem Prozess gegen die Cosa Nostra und 'Ndrangheta aus.
Publiziert: 04.10.2022 um 15:21 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2022 um 14:31 Uhr
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2021 fand ein riesiger Prozess gegen mehrere hundert Mafiosi der 'Ndrangheta und Cosa Nostra in Kalabrien statt.
Foto: AFP

Die Mafia macht mit ihrem Kerngeschäft, dem Drogenhandel, unglaublich viel Geld – welches anschliessend legalisiert werden muss. Lire im Wert von rund 500 Millionen Franken sollen 2007 in der Schweiz gewaschen worden sein, schreiben die Zeitungen von «CH Media». Und dies mit Hilfe von Diplomaten!

Nach der Einführung des Euro 2002 sei die italienische Mafia auf massenhaft alten italienischen Lire sitzengeblieben. «Es war den Clans nicht gelungen, die Lire zu wechseln», schildert der ehemalige Mafioso Cosimo V.*.

Zeuge will durch seine Aussagen Strafmilderung bekommen

V. sagt derzeit in einem Appellationsprozess gegen die kalabrische 'Ndrangheta und die sizilianische Cosa Nostra aus. In erster Instanz wurden die zwei Bosse Giuseppe G.* und Rocco S. F.* zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Sie haben Berufung eingelegt.

Der Zeuge Cosimo V. war 2009 bei einer grossen Anti-Mafia-Operation gegen den Molè-Clan selber verhaftet worden, doch er arbeitete sofort mit der Justiz zusammen, um Strafmilderung zu erhalten. Er hatte in der kriminellen Organisation sowie bei einer Freimaurer-Loge eine hohe Stellung und gilt deshalb als glaubwürdiger Zeuge.

Ugolini hatte Freimaurer-Logen, Geheimdienste und Vatikan im Griff

Laut V. habe eine einflussreiche, weltweit vernetzte Geheimvereinigung das Lire-Problem der Mafia übernommen. Das «System Ugolini» sollte die 500 Milliarden schmutzigen Lire in saubere Euro umtauschen.

Kern des «Systems Ugolini» soll eine geheime Freimaurer-Loge namens «La Fenice» sein, die in den Achtzigern von Graf Giacomo Maria Ugolini gegründet wurde. Der Mann war als Botschafter des Zwergstaats San Marino in Ägypten. Dabei soll er als Schaltstelle zwischen Mafia, irregulären Freimaurer-Logen, Geheimdiensten, Politik und Vatikan agiert haben. Jahrzehntelang sollen in diesem Netzwerk internationale Schiebereien und politische Manipulationen organisiert worden sein.

So organisierte das «System Ugolini» schliesslich auch die Sache mit den Mafia-Lire.

Audi A4 brachte die 500 Millionen in die Schweiz

V. gab zu Protokoll, dass die Lire in die Schweiz gebracht und auf hiesigen Banken eingezahlt worden sein sollen. Diesen Job übernahm ein Mann, der einst Botschafter von Nicaragua am Heiligen Stuhl war. V. sagt, er sei dabei gewesen, als die Aktion besprochen und vorbereitet wurde. Das Geld wurde zunächst von Kalabrien nach Rom gebracht, dort übernahm es der Botschafter zum Transport in die Schweiz.

«Er benutzte ein Diplomatenfahrzeug, einen Audi A4, um das Geld in die Schweiz zu bringen», sagte der Zeuge in der Befragung.

Spur führt nach Genf

Cosimo V. war nicht nur Mitglied der geheimen Ugolini-Loge, sondern auch Grossmeister einer regulären Loge in Kalabrien. V. hatte ein Logistikunternehmen und verschaffte der Mafia so Zugang zum Hafen von Gioia Tauro, über den unter anderem der Drogenhandel lief. Zudem war er ein Vertrauter des 2008 ermordeten Mafia-Bosses Rocco Molè. Molè hatte angeblich auch die Wasch-Aktion der 500 Milliarden Lire in Auftrag gegeben.

Laut V. wurde die Schweiz wegen ihres renommierten und diskreten Bankensystems ausgewählt. Aber auch aus einem anderen wichtigen Grund, wie V. aussagte und die Recherchen von «CH Media» bestätigten: Der Sohn des Botschafters aus Nicaragua war damals bei der UNO und der WTO in Genf akkreditiert. (ct)

*Name bekannt

So wütet die Mafia in der Schweiz

Der erste Mafia-Fall in der Schweiz kam Mitte der 80er in Lugano TI vor Gericht, jener zur «Pizza Connection». In den USA erwischte das FBI die Mafia-Organisation Cosa Nostra, die Unsummen von Heroin über Pizzerien an der Ostküste verkaufte. Das Geld wurde in der Schweiz gewaschen. 2014 zerschlug die Polizei nahe Frauenfeld TG eine Zelle der 'Ndrangheta-Organisation. 2016 nahm man in Visp VS den 'Ndrangheta-Boss Leo Caridi fest und schaffte ihn nach Italien aus. 2020 dann die Operation «Imponimento»: Bei Razzien gegen die 'Ndrangheta verhaftete man in Italien und der Schweiz 75 Verdächtige. Im Aargau nahm man eine Person fest – eine Pizzeria in Muri AG fungierte als unscheinbare Mafia-Drehscheibe. Im November 2021 schlugen Italien und die Schweiz wieder zu: In Graubünden, Zürich, St. Gallen und im Tessin kam es zu sechs Verhaftungen.

Der erste Mafia-Fall in der Schweiz kam Mitte der 80er in Lugano TI vor Gericht, jener zur «Pizza Connection». In den USA erwischte das FBI die Mafia-Organisation Cosa Nostra, die Unsummen von Heroin über Pizzerien an der Ostküste verkaufte. Das Geld wurde in der Schweiz gewaschen. 2014 zerschlug die Polizei nahe Frauenfeld TG eine Zelle der 'Ndrangheta-Organisation. 2016 nahm man in Visp VS den 'Ndrangheta-Boss Leo Caridi fest und schaffte ihn nach Italien aus. 2020 dann die Operation «Imponimento»: Bei Razzien gegen die 'Ndrangheta verhaftete man in Italien und der Schweiz 75 Verdächtige. Im Aargau nahm man eine Person fest – eine Pizzeria in Muri AG fungierte als unscheinbare Mafia-Drehscheibe. Im November 2021 schlugen Italien und die Schweiz wieder zu: In Graubünden, Zürich, St. Gallen und im Tessin kam es zu sechs Verhaftungen.

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