Freihandel
Delegation überzeugt von Vorteilen von Mercosur-Freihandelsabkommen

Nach einer einwöchigen Reise in die Mercosur-Staaten hat sich die Schweizer Delegation unter Leitung von Bundesrat Johann Schneider-Ammann überzeugt gezeigt, dass sich ein Freihandelsabkommen positiv auf die Schweizer Wirtschaft auswirken würde. Doch die Zeit dränge.
Publiziert: 08.05.2018 um 13:28 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 12:30 Uhr
Bundesrat Johann Schneider-Ammann zeigte sich überzeugt, dass sich die einwöchige Reise mit einer 50-köpfigen Delegation in die Mercosur-Staaten trotz der grossen Aufwandes gelohnt hat.
Foto: Keystone/PETER KLAUNZER

Es könne nicht sein, dass eine hochemotionale Diskussion mit vagen Informationen geführt werde und die Schweiz deswegen nicht rechtzeitig zu einem Resultat komme, sagte Schneider-Ammann am Dienstag vor den Medien. Er habe diese Reise mit über 50 Vertretern aus Wirtschaft und Politik veranlasst, um Fakten aus erster Hand zu sammeln und den Austausch und «den Informationsstand zu erhöhen».

Der Wirtschaftsminister betonte, wie viel für die Schweiz auf dem Spiel stehe: Denn sollte es der EU gelingen, vor der Efta ein Freihandelsabkommen mit dem Mercosur abzuschliessen, würde die Schweizer Industrie «sofort benachteiligt». Sie würde ihre Konkurrenzfähigkeit und in der Folge auch die Arbeitsplätze verlieren, sagte Schneider-Ammann.

Die Reise nach Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay, habe ihnen gezeigt, dass in diesem Markt mit seinen 260 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten sehr viel Potenzial vorhanden sei. Bisher bewege sich der Handel mit Ausnahme von Brasilien auf relativ geringem Niveau.

Das Bundesamt für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) rechnet damit, dass ein Freihandelsabkommen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu Zolleinsparungen in der Höhe von bis zu 206 Millionen Franken führen könnte. Denn die Zölle bewegen sich zur Zeit zwischen noch sieben und 35 Prozent.

Ausserdem zeige die Erfahrung, dass sich durch Freihandelsabkommen das Wachstumstempo und die Handelstätigkeit im Vergleich zu Ländern ohne entsprechende Verträge innerhalb von fünf Jahren verdoppeln werde, sagte Schneider-Ammann. Beispiele dafür konnten die WBF-Vertreter auf Nachfrage jedoch keine nennen.

Schneider-Ammann wurde bei der Reise von einer Wirtschafts-, Wissenschafts-, Landwirtschafts- und parlamentarischen Delegation sowie von Regierungsräten begleitet. Dazu gehörte auch der Berner SVP-Nationalrat Andreas Aebi. Er ist unter anderem Präsident Schweizer Rinderzüchter. Der Bauernverband hatte eine Teilnahme an der Reise verweigert.

Die Schweizer Landwirtschaft ist bezüglich des Freihandels mit den Mercosur-Staaten gespalten. Denn sie erwartet einen hohen Druck auf die Preise von Rindfleisch, Poulet, Ölsaaten und Zucker durch mehr Importe aus Südamerika.

Aebi sagte vor den Medien, seine «grossen Ängste» seien durch die Reise «ein bisschen verflogen». Denn nach einem «teilweise Durchbruch» bei den Verhandlungen der Mercosur-Staaten mit der EU spreche man jetzt noch von 99'000 Tonnen importiertem rotem Fleisch.

Umgerechnet auf die Grösse der Schweiz entspräche das einer Importzunahme von 1870 Tonnen. Im Vergleich zum Schweizer Gesamtimport von 54'000 Tonnen sollte das «verkraftbar sein», sagte Aebi. Doch die Reise habe auch gezeigt, dass diese Länder über «gewaltige Ressourcen» verfügten. «Und das seien die gefährlichen roten Linien »für unsere nachhaltige Schweizer Landwirtschaft«.

Vorbehalte zum Abkommen gibt es auch von Seiten der Schweizer Entwicklungsorganisationen. Sie verlangen unter anderem einen Verzicht auf Hormone und Antibiotika im Fleisch. Ihre Ängste wies Schneider-Ammann »als unbegründet« zurück: Die Gesetzgebung in den vier lateinamerikanischen Staaten sei genau so streng wie bei uns und Hormonfleisch nicht zugelassen.

Swissaid warnte gleichzeitig vor »drastischen Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima«. Dazu sagte Nationalrätin Kathrin Bertschy (GLP/BE), das Abkommen könne zwar nicht alles regeln, doch es könne eine positive Dynamik auslösen »im Sinne der Nachhaltigkeit«.

Umweltschutzorganisationen und grüne Politiker hätten ihr gegenüber die Verhandlungen mit der EU oder der Efta als positiv beurteilt, »nicht nur wegen des wirtschaftlichen Wachstumschancen, sondern auch aus ökologischer Sicht". Sie erwarteten dadurch Verbesserungen ihrer Umwelt- und Waldschutzgesetzgebungen und eine Erhöhung der Standards.

Die Delegationen der Europäischen Freihandelsassoziation Efta (Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein) und dem Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguy und Uruguay) haben bereits drei Verhandlungsrunden über ein Freihandelsabkommen hinter sich. Eine vierte wird im Juli stattfinden.

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