Vor dem Gemeinschaftszentrum Bachwiesen steht ein grosser Altar mit Blumen und Kerzen. Mit einem Trauerbrief verabschiedet sich die Crew des Freizeitparks von ihrem beliebten nächtlichen Dauergast Fredi* (†66).
In einer sinnlosen Gewaltorgie hat ihn ein 20-Jähriger zu Tode geprügelt. Der junge Mann ist geständig. Mehr noch: Er drehte von der Tat ein Video und stellte es auf die Plattform Snapchat, wie «20 Minuten» berichtet. Dort wurde es kurze Zeit später gelöscht. Die Oberstaatsanwaltschaft bestätigt gegenüber Blick, dass sie Kenntnis vom Video hat.
Eine Frau, die das Video gesehen hat, schreibt gemäss der Zeitung: «Glaubt mir, bereits nach ein paar Sekunden kann man sich das Video nicht mehr anschauen. Das, was der Täter mit ihm gemacht hat, sieht so schlimm aus. Er hat mindestens 25 Mal auf ihn eingeschlagen.»
Seit 10 Jahren Stammgast am Tatort
Fredi übernachtet seit gut 10 Jahren beim Gemeinschaftszentrum Bachwiesen. Wie Bruno Werder (56), der Leiter der Institution, sagt, geschah das immer in gutem Einvernehmen mit dem Zentrum. «Er fehlt uns sehr», sagt er traurig zu Blick. Und: «Er stand früh morgens auf und räumte seine sieben Sachen in ein Fach. Er hat den Tagesbetrieb nie gestört. Im Gegenteil: Alle hatten ihn gern, er war ein fester Bestandteil des Zentrums.»
Was in der blutigen Nacht auf Sonntag passiert ist, weiss Werder nicht. «Uns sind im Vorfeld keine Attacken aufgefallen. Wir lebten alle mit ihm hier in gutem Einvernehmen.»
Vor dem GZ kommen bei einem eigens eingerichteten Traueraltar Freunde von Fredi vorbei. Sein guter Kumpel Bruno fuhr jeden Tag mit seinem Elektro-Rollstuhl bei ihm vorbei. «Er war ein super Mensch», sagt er. «Ich habe ihm manchmal einen Kaffee spendiert», sagt der IV-Rentner. «Ich kenne ihn schon viele Jahre. Ich kann nicht verstehen, warum ihn jemand angreifen kann. Er ist zu allen so nett.»
Nicht der erste Angriff auf den Obdachlosen
Unter den Freunden von Fredi gibt es bereits viele Gerüchte. So wurde Fredi bereits vor vier Jahren von einem jungen Mann zusammengeschlagen und verletzt. «Es könnte wieder die gleiche Gang sein», so Bruno. «Damals ging es um Geld.»
Ein anderer Kumpel, der oft mit ihm abends vor dem Coop Take-it ein Bierchen getrunken hatte, kann sich auch nicht vorstellen, warum man einen Menschen wie Fredi angreifen und verletzen kann. «Er hatte für jeden ein nettes Wort. Meistens sass er da und las die Zeitung.»
Er habe früher bei einer Grossbank gearbeitet, sei mit einer Frau aus Thailand verheiratet gewesen und wollte eigentlich auswandern. Diese Pläne hätten sich jedoch zerschlagen. Seither wohnte er im GZ.
Seinen letzten Abend verbrachte er mit seinen Kumpeln vor dem Einkaufszentrum Letzipark. «Er hatte ziemlich viel getrunken», sagt sein guter Freund Bozo (63). «Ich sagte ihm darum, dass er bei mir schlafen kann. Doch er wollte wieder ins GZ zurück. So um 21 Uhr ging er von hier weg.» Das war das letzte Mal, dass der Kroate seinen Freund Fredi gesehen hat.
* Name geändert