Auf dem neuen Instagram-Kanal «buetzerinne» erzählen Frauen, was sie auf der Baustelle, in der Werkstatt oder in anderen Berufsbereichen erleben. «Wir brauchten ein Ventil», sagt Malerin Fabienne (28), eine der Betreiberinnen, dem «Tages-Anzeiger».
Zusammen mit anderen Frauen will die Projektleiterin Aussenstehenden zeigen, mit welchen Vorurteilen sie tagtäglich zu kämpfen hat. «Mir wird oft aufgezeigt, dass ich körperlich nicht die gleiche Leistung erbringen kann wie ein Mann. Als Frau muss ich mich auf dem Bau dreifach beweisen. Wenn ich mit einem Mann arbeite, sprechen die Leute meistens ihn an, obwohl ich verantwortlich bin. Mir wird nicht zugetraut, dass ich die Führung habe.»
«Frauen nur zum Kochen und Putzen gut»
Die «Büetzerinnen» zeigen auf, wie sie in ihrem Berufsalltag diskriminiert werden, weil sie Frauen sind. Dazu beschreiben sie typische Situationen. «Der Moment, wenn du dauernd mit ‹Es› angesprochen wirst», «der Moment, wenn du die einzige Frau im Pausenraum mit 12 Männern bist und einer erzählt, dass Frauen eh nur zum Kochen und Putzen gut sind», oder «Der Moment, wenn einer fragt, ob ‹das Wiib› wirklich etwas montieren kann.»
Die Betreiberinnen laden andere Frauen zum Mitmachen ein: «Buetzer*innen aus allen Berufsgruppen, bei uns dürft ihr euch auskotzen», schreiben sie.
«In der Lehre, vor rund 10 Jahren, war ich die einzige Frau und bin es auch heute noch in vielen Situationen», sagt Fabienne dem «Tages-Anzeiger». «Aber gerade Malerinnen gibt es immer mehr. Ab und zu treffe ich auf der Baustelle auch eine Bodenlegerin oder eine Schreinerin.» Oft kriege sie zu hören, dass sie mit all den Sprüchen einfach klarkommen müsse. «Klarkommen ja, aber akzeptieren muss ich sie nicht», sagt Fabienne. «Ich weiss: Es geht auch anders.»
Schwierige WC-Sitaution
Besonders mühsam auf Baustellen sei die WC-Situation. «Oft gibt es gar keines. Wenn ich mich darüber beschwere, muss ich mir anhören, es sei komplizierter mit Frauen auf dem Bau. Ich solle mich selbst organisieren, Männer gingen auch einfach in eine Ecke.»
Dass die Problematik nicht nur Frauen auf der Baustelle betrifft, weiss eine weitere Mitwirkende: Tamara (26) ist Verkäuferin und ausgebildete Grafikerin. «Ich habe viel mit Fabienne über unsere Erlebnisse am Arbeitsplatz diskutiert. Obwohl wir in ganz unterschiedlichen Berufen arbeiten, stellte ich fest: Wir erleben ähnliche Dinge.»
Auch im Verkauf würden viele einen Unterschied zwischen Mann und Frau machen, sagt Tamara. «Man wird sowieso von oben herab behandelt. Bei Frauen jedoch ist es noch schlimmer.» Wenn sie nett sei, werde das zudem oft als Flirten verstanden. «Ich werde angefasst – am Arm, am Rücken, an den Schultern. Die Hemmschwelle ist tief.» (noo)