Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) will die Vertretung der Geschlechter in Bundesrat nicht rechtlich regeln. Sie hat eine parlamentarische Initiative von Maya Graf (Grüne/BL) mit 16 zu 9 Stimmen abgelehnt, wie die Parlamentsdienste am Donnerstag mitteilten.
Damit spreche sie sich in keiner Weise gegen eine bessere Vertretung der Frauen in der Landesregierung aus, betont die Kommission. Es handle sich jedoch um eine gesellschaftspolitische Forderung, die nicht in die Verfassung gehöre - im Gegensatz zur angemessenen Vertretung der Landesgegenden und Sprachregionen. Diese sei für den Zusammenhalt des Bundesstaates wichtig, argumentiert die Kommission.
Die Minderheit der Kommission ist dagegen der Ansicht, dass die ausgewogene Vertretung der Geschlechter die gleiche Bedeutung hat wie die Vertretung der Landesgegenden und Sprachregionen. Deshalb sollte sie als Prinzip in der Verfassung verankert werden, finden die Befürworterinnen und Befürworter des Vorstosses.
Abgelehnt hat die SPK auch eine parlamentarische Initiative mit dem Ziel, den Anteil der Frauen im Parlament zu erhöhen. Sibel Arslan (Grüne/BS) möchte im Gesetz verankern, dass auf den Listen für die Nationalratswahlen beide Geschlechter mit mindestens je einem Drittel pro Partei vertreten sein müssen.
Die Kommission lehnte das mit 18 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. Sie ist der Ansicht, dass die Parteien freie Hand zur Gestaltung ihrer Liste haben sollten, um je nach den Bedürfnissen ihrer Partei und je nach Ausgangslage in ihrem Kanton die optimale Lösung wählen zu können.
Manchmal sei ein guter Listenplatz für Frauen zielführender als eine möglichst grosse Anzahl Vertreterinnen auf der Liste, gibt die SPK zu bedenken. Eine starre rechtliche Vorschrift könnte sogar kontraproduktiv sein.
Die Befürworterinnen und Befürworter einer Regelung argumentieren, die Erfahrungen hätten gezeigt, dass nicht alle Parteien freiwillig beide Geschlechter auf ihren Listen in genügender Weise berücksichtigten. Über die beiden parlamentarischen Initiativen entscheidet nun der Nationalrat.
Aktuell sitzen im siebenköpfigen Bundesrat mit Doris Leuthard und Simonetta Sommaruga nur zwei Frauen. Für kurze Zeit waren die Frauen in der Mehrheit gewesen: Zwischen dem Amtsantritt von Sommaruga im November 2010 und dem Rücktritt von Micheline Calmy-Rey Ende 2011 gehörten vier Frauen dem Bundesrat an.
Danach waren es bis zum Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf 2015 noch drei. Elisabeth Kopp war 1984 als erstes weibliches Mitglied in die Schweizer Landesregierung gewählt worden. Insgesamt sassen bisher erst sieben Frauen im Bundesrat, gegenüber mehr als hundert Männern.
Im Nationalrat beträgt der Anteil der Frauen aktuell 33 Prozent, im Ständerat 15 Prozent. Im Nationalrat ist die Zahl der Frauen seit Einführung des Frauenstimmrechts kontinuierlich gestiegen, im Ständerat ging sie in den letzten Jahren wieder zurück.