Forscher wagen Vorstoss für besseren Tagesrhythmus
Zeitumstellung bald im April statt im März?

Spanische Forscher empfehlen, die Sommerzeit am ersten April-Wochenende statt Ende März zu beginnen und Anfang Oktober zu beenden. Dies würde bessere Lichtverhältnisse und eine natürlichere Anpassung an den Tagesrhythmus ermöglichen.
Publiziert: 25.03.2025 um 11:15 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2025 um 12:58 Uhr
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Sich mehr nach der Sonne ausrichten: Das ist der Vorschlag zwei spanischer Forscher im Dilemma der Zeitumstellung
Foto: IMAGO/Zoonar

Darum gehts

  • Spanische Forscher schlagen Verschiebung der Zeitumstellung vor, weil sich die Menschen so besser gewöhnen könnten
  • Zeitumstellung als natürlicher Anpassungsmechanismus für menschlichen Lebensrhythmus
  • Jetzige Situation nicht so fatal, wie behauptet
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Um die halbjährliche Zeitumstellung wird seit Jahren intensiv gerungen. Nun gibt es eine neue Idee: Die Umstellung selbst verschieben. Das erste April-Wochenende sei für die Umstellung im Frühjahr besser geeignet als der letzte Sonntag im März, sagen zwei spanische Forscher. Dann würden günstigere morgendliche Lichtverhältnisse für einen guten Start in den Tag erwischt.

Aus physiologischer Sicht wäre es zudem sinnvoll, die Sommerzeit in der EU Anfang statt Ende Oktober enden zu lassen. Starte die Sommerzeit zu früh, werde ein grösserer Anteil der menschlichen Aktivitäten in die dunklen Morgenstunden verlegt, argumentieren die Forscher.

Die Rückkehr zur Winterzeit sollte entsprechend erfolgen, bevor der Haupt-Aktivitätsbeginn vor Sonnenaufgang liege. In diesem Jahr werden die Uhren am 30. März um eine Stunde vor- und am 26. Oktober wieder zurückgestellt.

Nicht ganz abschaffen, lediglich der Sonne besser anpassen

Über die Zeitumstellung werde derzeit falsch diskutiert, sind Jorge Mira von der Universität von Santiago de Compostela und José María Martín-Olalla von der Universität von Sevilla überzeugt: Der Lebensrhythmus der Menschen werde dadurch in Bezug auf die Sonne keineswegs verschoben, sondern im Gegenteil werde durch die Umstellung der morgendliche Beginn aller Aktivitäten wieder an den Sonnenaufgang angepasst.

Die spanische Nationalversammlung habe diese Art saisonaler Anpassung bereits im Jahr 1810 vorgenommen. «Das soziale Leben wird einfach umorganisiert, weil die Länge des Tages im Sommer es ermöglicht, die Dinge am Morgen früher zu erledigen als im Winter», erklärte Martín-Olalla. «Das Problem ist, dass sie (die Zeitumstellung) in den letzten Jahren nur noch mit Energieeinsparung in Verbindung gebracht wurde, obwohl es sich in Wirklichkeit um einen natürlichen Anpassungsmechanismus handelt.»

Blick auf die Geschichte und anderen Kulturen bestätigen dies

Das belegten aktuelle und historische Beispiele von Gesellschaften mit späterer Aktivität im Winter und früherer Aktivität im Sommer, entsprechend der synchronisierenden Rolle des Morgenlichts für unseren Körper. Eine Analyse von schwedischen Daten aus dem Jahr 1746 zum Beispiel zeige, dass die Menschen im Sommer dreieinhalb Stunden eher aufstanden als im Winter.

Auch in tropischen Gesellschaften ohne Zugang zu künstlichem Licht lägen die Aufstehzeiten in der Regel in der Morgendämmerung, die Schlafenszeit in der Regel etwa drei Stunden nach Sonnenuntergang, erklären Mira und Martín-Olalla. Der physiologische Tageszyklus des Menschen orientiere sich stets am Sonnenaufgang.

Für Menschen, die halbjährlich sehr unter der Zeitumstellung leiden, hat das spanische Forscher-Duo einen Rat: voranpassen. Der Wecker könne, jeweils drei Wochen vor dem Termin beginnend, wöchentlich um eine Viertelstunde in Richtung der «neuen» Zeit verstellt werden.

1980 war in der Bundesrepublik und der DDR die noch immer geltende, etwa halbjährliche Sommerzeit eingeführt worden. Seit 1996 gilt sie EU-weit und beginnt jeweils am letzten Sonntag im März. Am letzten Sonntag im Oktober werden die Uhren wieder zurückgestellt. In der Fachzeitschrift «Open Science» der britischen Royal Society gehen Mira und Martín-Olalla nun auf die physiologischen und sozialen Grundlagen und Auswirkungen auf die Gesundheit ein.

Völlige Abschaffung ist laut Wissenschaftler verzerrt dargestellt

In den vergangenen Jahren hatte es eine Reihe von Studien zu Folgen der halbjährlichen Zeitumstellung gegeben, etwa zu mehr Verkehrsunfällen in den Tagen danach und Gesundheitsproblemen wie zeitweisen Schlafstörungen und kurz erhöhten Herzinfarkt-Raten. Der grösste Nachteil der Zeitumstellung seien solche mit den Übergangszeiten verbundenen Probleme, sagen auch die spanischen Forscher. Eine wirklich relevante Gefahr sei aber nicht zu erkennen. Der kurzfristige leichte Anstieg des Risikos für Unfälle oder Herzinfarkte zum Beispiel sei gering verglichen mit dem Einfluss zahlreicher anderer Faktoren.

Vielfach sei zudem die Methodik solcher Studien fraglich, schreibt das Forscher-Duo. Stellungnahmen und Analysen etwa von Chronobiologen oder Schlafmedizinern seien oft ausschliesslich auf Nachteile fixiert und ignorierten die heute oft vergessenen positiven Aspekte eines näher am Sonnenaufgang liegenden Arbeitsbeginns. Die Risiko-Nutzen-Bilanz werde verzerrt dargestellt.

Bei der Forderung nach einem Ende der Zeitumstellung sei zudem zu bedenken, dass die Abschaffung weit schlimmere Folgen haben könnte als die Umstellung selbst: Mit der Umstellung auf die Sommerzeit gewönnen die Menschen Tageslichtstunden für Freizeitaktivitäten, für Spaziergänge, Sport draussen oder ein paar Stunden am Strand – was Wohlbefinden und Gesundheit fördert. «Wenn der Tag gleichmässig in Schlaf, Arbeit und Freizeit aufgeteilt ist, macht eine Stunde 12,5 Prozent der verfügbaren Freizeit aus.»

In einstigen medizinischen Stellungnahmen zur saisonalen Sommerzeit sei das dringende Bedürfnis der Menschen nach mehr Licht, Luft und Sonnenschein betont worden, heisst es in der Studie. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen habe vielfach im Vordergrund gestanden – und nicht etwa wirtschaftliche Fragen. Die Sommerzeit in Italien zum Beispiel sei 1964 begleitet von Bemerkungen über die psychologischen Verbesserungen eingeführt worden.

Zusätzlich: Bevölkerung liebt die Sommerzeit

Ein weiterer Aspekt: Schlafmediziner plädierten zwar für eine Abschaffung der Sommerzeit, wie die Forscher ausführen. In der Bevölkerung sei die gängige Vorliebe aber eine andere: Viele Menschen liebten die jetzige Situation im Sommer und genössen ihre längere Freizeit bei Tageslicht. In Umfragen vor die Wahl zwischen dauerhafter Sommer- oder Winterzeit gestellt, setzen sie überwiegend auf erstere.

Doch auch eine ewige Sommerzeit widerspreche der menschlichen Physiologie, erklärte Mira. Mediziner weisen darauf hin, dass Menschen das blaue Licht der Sonnenstrahlung brauchen, um wach zu werden. Lehrerverbände kritisieren, dass Schüler ihren Schulweg ohne die Umstellung auf Winterzeit an wesentlich mehr Tagen im Dunklen zurücklegen müssten. Letztlich sei eine Entscheidung zwischen ewiger Sommer- oder ewiger Winterzeit so, als ob man wählen wolle, auch im Winter Sandalen oder Stiefel selbst im Sommer zu tragen, so die Forscher.

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