Forscher fahnden
Fledermäuse in der Schweiz beherbergen keine gefährlichen Viren

In Kot- und Gewebeproben von in der Schweiz lebenden Fledermäusen haben Virologen der Uni Zürich nach Viren gefahndet. Sie entdeckten 16 Virusfamilien, die Wirbeltiere infizieren können, darunter Coronaviren. Von einer Gefahr für Menschen gehen sie aber nicht aus.
Publiziert: 16.06.2021 um 21:31 Uhr
Am Virologischen Institut der Universität Zürich fahnden Forschende nach Viren in Fledermäusen. Dabei stiessen sie auch auf ein Mers-ähnliches Coronavirus.
Foto: ENNIO LEANZA

Fledermäuse gelten als der wahrscheinlichste Ursprung des Coronavirus Sars-CoV-2, die genaue Herkunft ist jedoch nach wie vor nicht abschliessend geklärt. Tatsächlich wies man in Fledermäusen bereits tausende verschiedene Viren nach, einige von ihnen können direkt oder über einen Zwischenwirt den Menschen infizieren. Zu diesen zoonotischen Viren zählen nicht nur verschiedene Coronaviren, sondern auch das Tollwut-, Marburg-, Ebola-, Nipah- und Hendra-Virus.

Das Team um Cornel Fraefel und Jackub Kubaki vom Virologischen Institut der Universität Zürich machte nun gemeinsam mit der Klinik für Zoo-, Heim-, und Wildtiere am Tierspital Zürich und der Stiftung Fledermausschutz Jagd auf Viren, denen Fledermäuse in der Schweiz als Reservoir dienen.

Mit Genomanalysen untersuchten die Forschenden Kot- und Gewebeproben von 7291 Fledermäusen und 18 einheimischen Fledermausarten, in denen sie 39 verschiedene Virusfamilien nachweisen konnten. Davon berichten sie im Fachmagazin «Plos One». Besonders reich an Viren war demnach das Grosse Mausohr mit 33 Virusfamilien.

In der Sammlung fanden sich 16 Virusfamilien, die Wirbeltiere infizieren können, darunter Coronaviren, Adenoviren, Hepeviren, Rotaviren und Parvoviren. So entdeckten die Forschenden in einer Kolonie von Zweifarbfledermäusen ein Beta-Coronavirus, das dem Mers-Erreger ähnelt und bereits in anderen europäischen Ländern nachgewiesen wurde.

Die Atemwegserkrankung Middle East Respiratory Syndrome (kurz Mers) trat erstmals im Jahr 2012 in Saudi-Arabien auf, wo das Virus wahrscheinlich von Fledermäusen über Kamele auf den Menschen übergesprungen war. Die Sterblichkeitsrate unter den Infizierten liegt bei rund 35 Prozent.

Das in den Schweizer Fledermäusen entdeckte Mers-ähnliche Virus infiziere Menschen allerdings nicht. Zudem sei bisher noch von keinem Coronavirus bekannt, dass es ohne Umweg über einen Zwischenwirt von der Fledermaus auf den Menschen übergesprungen sei, sagte Fraefel im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «In unseren Augen besteht überhaupt kein Risiko.»

Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass das Virus den Weg in einen Zwischenwirt findet, dort mutiert, virulenter wird und schliesslich als Krankheitserreger auf den Menschen überspringt. Aber der Kontakt zwischen Fledermäusen, anderen Wildtieren und Haustieren sei in der Schweiz viel geringer als etwa in Asien, sagte Fraefel.

Im Rahmen einer Folgestudie möchten die Virologen untersuchen, wie sich Mutationen im Genom des Mers-ähnlichen Virus unter natürlichen Bedingungen in der Kolonie der Zweifarbfledermäuse akkumulieren.

Zudem werden sie weiterhin Kot- und Gewebeproben untersuchen, um ein noch umfassenderes Bild des Fledermaus-Viroms der Schweiz zu erhalten. Erwartet hatten die Forschenden nämlich, etwa auch auf Herpes- oder Tollwutviren zu stossen. Von Letzteren wird aufgrund einer früheren Studie angenommen, dass sie in einheimischen Fledermäusen vorkommen.

http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0252534

(SDA)

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