Forderung wegen Kartell-Verdacht
Grenzkontrollen für Skandal-Autos

Deutschlands Autobauern könnte auch in der Schweiz der Prozess gemacht werden.
Publiziert: 23.07.2017 um 00:08 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 07:50 Uhr
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Ein Güterzug voll beladen mit Neuwagen der Marke Volkswagen. Diese sollen laut Regula Rytz künftig kontrolliert werden.
Foto: Keystone
Simon Marti und Moritz Kaufmann

Der Skandal um geheime Absprachen unter deutschen Autoherstellern erreicht die Schweiz. Grünen-Präsidentin Regula Rytz (55) ist empört über mögliche Arrangements zwischen VW, Audi, Porsche, Mercedes und BMW. Wie das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtet, hat diese Abstimmung den Diesel-Abgasskandal produziert.

«Die neusten Informationen über die Kartellabsprachen zeigen nun, dass dabei mit grosser krimineller Energie vorgegangen wurde», so die Berner Nationalrätin. Sie setzt zum Frontalangriff an: «Die Automobilindustrie will die Gesundheit der Menschen bewusst schädigen.» Für teures Geld verkaufe man die Illusion, dass Autofahren immer sauberer und klimafreundlicher werde. «Das ist purer Unsinn, wie wir heute wissen.»

Sie werde im Herbst einen Vorstoss einreichen, der verlangt, «dass Autos bereits beim Import über die Grenze stichprobenweise auf die Einhaltung der Abgaswerte kontrolliert werden».

Wenn die Hersteller die gesetzlichen Umweltvorschriften nicht einhalten könnten, dürften ihre Autos in der Schweiz künftig nicht auf die Strasse, so Rytz. «Die ganze Schweiz würde damit zur Umweltzone, wie sie in vielen Städten Europas bereits existiert.»

Auch in der Schweiz könnte es zu einem Strafverfahren kommen

Kartellrechts-Experte Samuel Rutz (47) von Avenir Suisse glaubt, dass es auch in der Schweiz zu einem Strafverfahren kommen könnte. «Sollte sich weisen, dass das Kartell bis in die Schweiz reichte, dürften auch unsere Behörden aktiv werden.» Da deutsche Autos auch in der Schweiz verkauft wurden, sei dies sogar wahrscheinlich.

«Die jetzigen Enthüllungen gehen ja auf Selbstanzeigen zurück», so Rutz. In der Regel wird die Firma, die sich zuerst selbst anzeigt, nicht sanktioniert. «Es ist deshalb gut möglich, dass in der Schweiz bereits Selbstanzeigen eingereicht wurden.»

Sollten die Berichte des «Spiegels» stimmen, sei es zu «harten Absprachen» zwischen den grossen fünf der deutschen Autoindustrie gekommen. Sprechen sich Hersteller über Preise, Mengen oder Absatzgebiete ab, handle es sich um ein Kartell, das den Wettbewerb verzerre. Rutz: «Das ist ein absolutes No-Go.»

Am Schluss, so der Kartellrechts-Experte, leide dann immer der Konsument. «Ihm wurden Entwicklungen vorenthalten. Oder er bezahlt einen höheren Preis. Der Wettbewerb soll den Konsumenten ja schützen», sagt Rutz.

Mehr als 1000 Treffen

Der «Spiegel» berichtet, dass VW, Audi, Porsche, Mercedes und BMW in mehr als 1000 Treffen ihrer Manager zahllose Übereinkünfte zu unterschiedlichsten Fragen getroffen haben. Treffen die Vorwürfe zu, dürften die Bussen für die deutschen Autobauer in die Milliarden gehen.

Laut Kartellrechts-Experte Rutz ist dies einer der grössten Fälle illegaler Absprachen der letzten Jahrzehnte. Der jüngste vergleichbare Fall in der EU betraf die LKW-Hersteller Daimler, Iveco, DAF und Volvo/Renault. Sie mussten 2016 rund 2,9 Milliarden Euro Busse zahlen.

Der stolzen deutschen Autoindustrie droht ein immenser Reputationsschaden. Es ist bereits der zweite innert kurzer Zeit nach der Diesel-Affäre. Die Abgas-Vergehen, zu denen sich mittlerweile weitere deutsche Autobauer bekannt haben, waren bisher kartellrechtlich nicht relevant.

2 Jahre im Dunst der Abgase

18. September 2015: Die US-Umweltbehörde bringt den Dieselskandal ins Rollen. VW hat eine Software eingesetzt, die erkennt, wann das Auto auf dem Prüfstand steht. Dann stösst der Motor extra wenige Schadstoffe aus.

21. September 2015: VW gibt den Betrug zu. Die VW-Aktien stürzen ab.

23. September 2015: VW-Chef Martin Winterkorn (70) tritt ab. Porsche-Chef Mathias Müller (64) übernimmt.

26. September 2015: Als erstes Land verbietet die Schweiz den Verkauf von betroffenen Fahrzeugen der VW-Marken. Es geht um Audi, Seat, Skoda und VW der Baujahre 2009 bis 2014 mit 1,2-, 1,6- und 2,0-Liter-TDI.

2. November 2015: Auch Porsche und Audi geraten unter Verdacht. Die US-Umweltbehörde prüft die Dreiliter-Diesel. Weltweit sind elf Millionen Fahrzeuge aus dem VW-Konzern betroffen.

31. Januar 2016: Beim VW-Importeur Amag in Dübendorf ZH wird dem ersten von 130'000 Schweizer Dieseln das Schummeln ausgetrieben.

15. März 2016: 300 Grossaktionäre verklagen VW. Sie wollen drei Milliarden Franken Schadenersatz.

11. Januar 2017: VW zahlt dem US-Justizministerium 4,3 Milliarden Franken.

25. April 2017: Frankreich ermittelt gegen Peugeot und Citröen wegen Verdachts auf Abgasmanipulation.

22. März 2017: Die Staatsanwalt Stuttgart knöpft sich Mercedes vor.

13. Juni 2017: Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) will mit anderen europäischen Organisationen in den Niederlanden gegen VW klagen. 2000 Schweizer Besitzer von Schummeldieseln machen mit.

21. Juli 2017: Audi ruft 850'000 Autos mit Sechszylinder- und Achtzylinder-Motoren zurück.

18. September 2015: Die US-Umweltbehörde bringt den Dieselskandal ins Rollen. VW hat eine Software eingesetzt, die erkennt, wann das Auto auf dem Prüfstand steht. Dann stösst der Motor extra wenige Schadstoffe aus.

21. September 2015: VW gibt den Betrug zu. Die VW-Aktien stürzen ab.

23. September 2015: VW-Chef Martin Winterkorn (70) tritt ab. Porsche-Chef Mathias Müller (64) übernimmt.

26. September 2015: Als erstes Land verbietet die Schweiz den Verkauf von betroffenen Fahrzeugen der VW-Marken. Es geht um Audi, Seat, Skoda und VW der Baujahre 2009 bis 2014 mit 1,2-, 1,6- und 2,0-Liter-TDI.

2. November 2015: Auch Porsche und Audi geraten unter Verdacht. Die US-Umweltbehörde prüft die Dreiliter-Diesel. Weltweit sind elf Millionen Fahrzeuge aus dem VW-Konzern betroffen.

31. Januar 2016: Beim VW-Importeur Amag in Dübendorf ZH wird dem ersten von 130'000 Schweizer Dieseln das Schummeln ausgetrieben.

15. März 2016: 300 Grossaktionäre verklagen VW. Sie wollen drei Milliarden Franken Schadenersatz.

11. Januar 2017: VW zahlt dem US-Justizministerium 4,3 Milliarden Franken.

25. April 2017: Frankreich ermittelt gegen Peugeot und Citröen wegen Verdachts auf Abgasmanipulation.

22. März 2017: Die Staatsanwalt Stuttgart knöpft sich Mercedes vor.

13. Juni 2017: Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) will mit anderen europäischen Organisationen in den Niederlanden gegen VW klagen. 2000 Schweizer Besitzer von Schummeldieseln machen mit.

21. Juli 2017: Audi ruft 850'000 Autos mit Sechszylinder- und Achtzylinder-Motoren zurück.

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