Der Angeschuldigte war verantwortlich für eine Gruppe von Grenzwächtern, die eine Flüchtlingsgruppe durch die Schweiz nach Italien zurückbringen sollte.
Die Schwangere war zusammen mit ihrem Ehemann und weiteren Flüchtlingen Anfang Juli 2014 im Zug von Mailand nach Paris unterwegs. Die Gruppe wurde aufgegriffen. Schweizer Grenzwächter sollten sie von Vallorbe VD über Brig VS nach Domodossola I zurückschaffen.
Auf dem Weg kam es bei der Schwangeren zu Komplikationen. Sie hatte Blutungen. Er habe die Grenzwächter immer wieder eindringlich um einen Arzt oder einen Krankenwagen für seine Frau gebeten, doch die Reaktion sei gleich null gewesen, sagte der Ehemann der Schwangeren nach dem Vorfall in der Nachrichtensendung «10 vor 10» des Schweizer Fernsehens.
In Domodossola brach die Syrerin zusammen. Die italienischen Grenzwächter liessen sofort medizinische Hilfe kommen. Im örtlichen Spital konnten die Ärzte allerdings nur noch den Tod des ungeborenen Kindes feststellen.
Der behandelnde Arzt kritisierte die Schweizer Behörden in der TV-Sendung scharf. Bei solchen Symptomen hätte die Frau unbedingt zum Arzt oder noch besser ins Krankenhaus gehört.
Tief betroffen zeigte sich damals die stellvertretende Bürgermeisterin von Domodossola, Liliana Graziobelli. «In Europa darf eine Schwangere so nicht behandelt werden. Dass das gerade bei den sonst so ordentlichen und anständigen Schweizer Nachbarn passiert trifft mich schwer.» Der Fall sorgte international für grosses Entsetzen. Italien gewährte der Familie Flüchtlingsstatus.
Der Prozess vor dem Militärgericht in Bern ist vom 22. bis 24. November angesetzt. Der Anklage sind drei verschiedene Varianten zugrunde gelegt. Im schwersten Fall lautet die Anklage auf vorsätzliche Tötung, im leichtesten auf untauglichen Tötungsversuch. Dies hängt unter anderem davon ab, wann im strafrechtlichen Sinn das Leben eines ungeborenen Kindes beginnt und wann dessen Tod eingetreten ist.