Eine Ohrfeige, ein Klaps auf den Hintern oder eine «Tatze» – ein Hieb mit dem Rohrstock oder Lineal auf die Finger: Nicht nur daheim, sondern auch in der Schule war es früher legitim, Kinder mit Körperstrafen zu massregeln.
Noch im 19. Jahrhundert war die Erziehung mit harter Hand an der Tagesordnung. «Wohl deswegen gibt es über die damaligen disziplinarischen Erziehungsmassnahmen kaum Aufzeichnungen. Die wenigen Zeitzeugnisse, in denen von der damaligen Schulzeit berichtet wird, zeugen jedoch von Gewalt. In Extremfällen floss sogar Blut», sagt der Bildungshistoriker Daniel Deplazes (35) zu BLICK.
Kinder lebten früher in Angst vor Züchtigung
So finden sich in historischen Aufzeichnungen immer wieder die Aussage: «Eine kleine Ohrfeige hat noch keinem geschadet.» Getreu diesem Motto wurde früher auch im Zürcher Landeserziehungsheim Albisbrunn Regime geführt. Akten von 1960 bis 1990 geben laut Deplazes Hinweise darauf, dass dort fast jedes der eingewiesenen Kinder und Jugendlichen irgendwann eine Flättere kassierte.
«Viele Kinder lebten früher in Angst vor Züchtigungen», so der Experte. Dabei seien die Gründe für Körperstrafen oft willkürlich gewesen und reichten von Aufmüpfigkeit, Stören im Unterricht bis hin zur Sauklaue eines Schülers.
Lehrer pochten einst auf Züchtigungsrecht
«Lehrer in der ganzen Schweiz haben noch Anfang des 20. Jahrhunderts auf das Züchtigungsrecht gepocht, da sie es als notwendig erachteten, um im Ernstfall durchzugreifen», so Deplazes. Erst 1978 wurde das Züchtigungsrecht der Eltern aus dem Zivilgesetzbuch gestrichen. Doch noch bis Anfang der 1980er-Jahre war es Lehrpersonen gemäss Zürcher Schulgesetz erlaubt, Schüler zu züchtigen.