Den Klimawandel gibt es nicht. Dieser Meinung ist zumindest Gian Franco Kasper (75), seines Zeichens Präsident des Internationalen Skiverbands (FIS). «Es gibt keinen Beweis dafür. Wir haben Schnee, zum Teil sehr viel», sagt der Engadiner Sportfunktionär am Montag im Interview mit dem «Tages-Anzeiger».
Schweizer Klima-Experten laufen nun Sturm. Vor kurzem hat die US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft Nasa ihre Analyse zur Globaltemperatur für das Jahr 2018 präsentiert. Ein Blick auf die Grafik macht klar: Seit Messbeginn 1880 ist der globale Temperaturmittelwert deutlich angestiegen. «Wir befinden uns in einem beschleunigten Klimawandel», sagt Thomas Stocker, Klimaforscher an der Universität Bern, zu BLICK. 2018 war das bisher viertwärmste Jahr seit Messbeginn. Es reiht sich so in eine Serie von Rekordwarmjahren.
Gletscher sind bester Beweis für den Klimawandel
Der Wintertourismus ist ein wichtiger Pfeiler der eidgenössischen Wirtschaft. Auch Stocker weiss: «Die schneebedeckten Berge und Gletscher wurden einst zum Gesicht der Schweiz.» Doch: «Jetzt droht das Alpenland ihr Gesicht zu verlieren!» Er appelliert an den FIS-Präsidenten: «Machen Sie die Augen auf, Herr Kasper!»
Auch Michael Zemp, Glaziologe und Direktor des Gletscherbeobachtungsdiensts World Glacier Monitoring Service (WGMS), sagt zu BLICK: «Die Gletscher sind der beste Beweis dafür, dass der Klimawandel stattfindet!» Seit 125 Jahren sammelt WGMS Messdaten zum globalen Wegschmelzen von Gletschern.
Die Zahlen belegen die Eisschmelze
«Im letzten Jahr haben die Gletscher im Alpenraum um rund 1,5 Meter an Eisdicke verloren – trotz eines schneereichen Winters», so Zemp. Zwischen 2000 und 2018 kam es bereits achtmal zu derart extremen Gletscherschmelzen. Zum Vergleich: Zwischen 1960 und 2000 gab es gerade einmal ein Jahr mit einem vergleichbaren Eisverlust. «Erschreckend, wenn angesichts dieser Tatsachen jemand wie Herr Kasper seine Augen vor dem Klimawandel verschliesst», so der Glaziologe.
Die Situation in den Bergen ist auch laut Klimaexperte Reto Knutti durchweg besorgniserregend. «Die Schneefallgrenze ist in der Schweiz schon um 500 Meter angestiegen – und wird ohne Klimaschutz bis Mitte Jahrhundert um weitere etwa 500 Meter steigen», so der Klimaphysiker von der ETH Zürich.
Auch Skisportler empört
Im Vergleich zu 1970 hat sich die Schneesaison gemäss einer Analyse von Avenir Suisse um 37 Tage verkürzt. Die Zukunft des Schweizer Wintersports ist bedroht, das weiss auch Profiskifahrer Daniel Yule. Er ist empört: «Diese Aussage ist für mich ein Beleg dafür, wie weit sich Herr Kasper von unserem Sport entfernt hat.» Skirennfahrerin Michelle Gisin doppelt nach: «Für mich hat sich Herr Kasper mit seinen Aussagen ins Abseits gestellt.» Sie engagiert sich in der nicht-politischen Outdoorgemeinschaft «Protect Our Winters» («Schützt unsere Winter») gegen den Klimawandel – und sagt: «Jeder kann seinen Beitrag leisten!»
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