Der Bundesrat dürfte die Härtefallhilfen für Firmen in der Corona-Krise kommende Woche von fünf auf zehn Milliarden Franken aufstocken, berichtet der «Tages-Anzeiger». Denn die Pandemie zieht sich in die Länge, die Einschränkungen für die Wirtschaft ebenso, woran auch zögerliche Lockerungen Anfang März wenig ändern dürften.
SVP-Finanzminister Ueli Maurer (70) rechnet bis Ende der Krise mit 100'000 Anträgen. Indes: Wie vielen Unternehmen das Wasser wirklich bis zum Hals steht, weiss in Bern niemand. Auch wenn am Ende die Eidgenossenschaft den Löwenanteil der Kosten deckt, sind die Prüfung der Gesuche und die Auszahlungen Sache der Kantone.
Was die Sache nicht leichter macht: Das Tempo, mit denen die Kantone den Betrieben unter die Arme greifen, variiert gewaltig.
Eine Umfrage von SonntagsBlick unter allen 26 Kantonen zeigt die Umrisse der Misere: Bislang haben mehr als 17'000 Firmen ein Härtefallgesuch gestellt, Tendenz steigend.
Schlechte Informationslage
Graubünden und Tessin verfügten diese Woche noch nicht über aktuelle Informationen. Und der grösste Kanton der Schweiz lässt sich nicht in die Karten schauen: Aus Zürich weiss man nur, dass bis vergangene Woche über 800 Gesuche gestellt wurden.
Die Zahl der Anträge in den nächst grösseren Ständen lassen Schlimmes vermuten: 711 sind es in Bern, 1523 in der Waadt – wobei dort zusätzlich ein Programm für pauschale Entschädigungen geschlossener Betriebe läuft, für die sich 2300 Unternehmen angemeldet haben.
1796 Gesuche meldet der Aargau, 1021 sind es in Genf. Auch in kleineren Kantonen – vor allem der Romandie, wo die Programme früher gestartet wurden – wollen zahlreiche Firmen Hilfe in Anspruch nehmen: mehr als 900 in Neuenburg, jeweils 1700 im Wallis und in Freiburg. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Ostschweiz. Der Kanton St. Gallen vermeldete diese Woche 752, Thurgau 521 Anträge. In der Zentralschweiz weist alleine Luzern 860 Gesuche aus.
Badran fordert mehr Effizienz
Die Hilfe kommt ins Rollen, die Nachfrage ist gross. Doch im Parlament reisst die Kritik nicht ab. Noch immer sei der Ablauf schleppend und kompliziert, heisst es von links. «Das Programm ist und bleibt ein einziges Fehlkonstrukt», sagt die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (59).
Auch wenn der Bund zusätzliche Milliarden spreche, komme das Geld bei zu wenigen Unternehmen an – und vor allem viel zu langsam. Zwischen der Prüfung eines Antrags über die Zusicherung des benötigten Betrags bis zur Auszahlung vergeht wertvolle Zeit: Erst 155 Millionen Franken sind gemäss einer Auswertung der «Tagesschau» geflossen.
«Wir schiessen am Ziel vorbei, möglichst viele Konkurse zu verhindern», kritisiert Badran. Besonders problematisch: Die Umsetzung ist von Kanton zu Kanton verschieden. Das sei komplett willkürlich, schimpft die Sozialdemokratin, und stelle eine Wettbewerbsverzerrung sondergleichen dar. «All das haben wir bereits in der Kommission kritisiert und Verbesserungen vorgeschlagen, aber der Bund und die Bürgerlichen wollten nicht hören», so Badran.
Grüne sorgen sich um die kleineren Betriebe
Kritik kommt auch von den Grünen. «Es ist offensichtlich, das System der Härtefallunterstützung funktioniert nicht. Noch immer fliessen die dringend benötigten Beträge zu zögerlich», sagt Nationalrätin Regula Rytz (58). Die kleineren Betriebe blieben mehr und mehr auf der Strecke, hält sie fest.
«Man hat fast den Eindruck, es seien Bittsteller, die auf Geld der Kantone hoffen. Aber es sind alles Unternehmen, die aufgrund staatlicher Anordnungen ihren Betrieb stilllegen mussten», so die Bernerin. «Der Staat muss ihnen folglich die Einnahmeausfälle ersetzen.» Das zögerliche Tempo, sagt Rytz, bedrücke sie.
Beide Parteien, SP und Grüne, wollen in der kommenden Session im März erneut versuchen, Anpassungen zu erzwingen. Bundesratsnahe Quellen lassen derweil verlauten, dass die Regierung bereits kommende Woche Änderungen vornehmen wird. Die Obergrenze für À-fonds-perdu-Beträge soll neuerlich angehoben werden, von heute 750'000 auf mehrere Millionen Franken. Zudem arbeitet die Verwaltung an einer Lösung für Firmen, die in mehreren Kantonen ansässig sind.
Weitere Justierungen werden wohl folgen.
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