Die Nein-Stimmen kamen von der FDP, der SVP und der Mitte. Das bürgerliche Lager äusserte einmal mehr grundsätzliche Kritik an der Finanzpolitik der rot-grünen Regierung.
Florence Pärli prangerte namens der FDP/JF-Fraktion insbesondere die rasante Neuverschuldung an. Bald erreiche der Schuldenberg wieder die Höhe der späten 1990er-Jahre. Die Stadt habe seinerzeit überhaupt keine finanzielle Flexibilität mehr gehabt, der Kanton habe eingreifen müssen.
Nun riskiere man erneut, dass die Stadtbevölkerung ihre eigene Stadt nicht mehr selber gestalten könne. Bern habe ein Ausgabenproblem, die Ausgaben müssten um fünf bis zehn Prozent gesenkt werden.
Auch die Grünliberalen äusserten Kritik. Die Entwicklung sei nicht nachhaltig, sagte Maurice Lindgren. Bedenklich sei, mit welcher Nonchalance dies die linke Mehrheit hinnehme. Auch der Gemeinderat, der allen Stadtbewohnern verpflichtet sei, scheine kein Problem zu haben mit dem Tempo der Neuverschuldung.
Vor Panikmache warnten SP und Grünes Bündnis. Der Bruttoverschuldungsgrad von 130 Prozent sei laut Kanton ein mittelguter Wert, sagte Ursina Anderegg (GB/JA).
Zwar sei der Schuldenberg gross und im Wachsen begriffen. Aber die Stadt könne sich das leisten, sie habe ja Eigenkapital und Spielraum. Zudem werde die Bugwelle der Investitionen in den nächsten Jahren wieder abflachen.
Die Verschuldung sei eine Folge der Investitionstätigkeit, sagte Johannes Wartenweiler (SP/Juso). Es gebe also einen Gegenwert. Zwar müsse man schauen, dass die Zinsen die Stadt nicht übermässig belasteten. Doch das Ausmass sei zu bewältigen, die Verschuldung «wird uns nicht das Genick brechen in den nächsten Jahren».
Finanzdirektor Michael Aebersold (SP) verteidigte die Finanzpolitik seiner achtjährigen Amtszeit, die im Dezember zu Ende geht. Fünf Rechnungen unter seiner Ägide habe die Stadt positiv abgeschlossen, nur zwei negativ. Unter dem Strich resultiere ein Plus von 82 Millionen Franken.
Der hohe Investitionsbedarf sei auch darauf zurückzuführen, dass die Stadt von 2009 bis 2016 nur wenig investiert habe, im Schnitt 83 Millionen Franken pro Jahr. Man habe Schulden abgebaut und einfach nicht mehr saniert. Entsprechend hoch sei nun der Nachholbedarf. In der laufenden Legislatur würden 138 Millionen Franken jährlich investiert.
Die finanzielle Lage der Stadt sei aber zu relativieren, sagte Aebersold. «Wir sind nicht im Armenhaus. Wir müssen schauen, dass wir es im Griff haben, aber es geht uns nicht so schlecht.»
Die Anfang April präsentierte Rechnung 2023 weist einen Überschuss von 11,1 Millionen Franken aus. Budgetiert war ein Verlust von gut 35 Millionen Franken.