Fifty Shades of Dietlikon
Machen wir es Expats wirklich so schwer?

In Rankings belegt die Schweiz als Arbeitsort für hochqualifizierte Ausländer Spitzenränge. Dennoch leiden viele Expats: Etwa, weil die Schweizer ihnen gegenüber ablehnend auftreten.
Publiziert: 06.05.2015 um 15:30 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 00:13 Uhr
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Deutsche in der Schweiz: Oft haben sie nicht viel zu Lachen.
Foto: Keystone

Auf dem Papier ist alles prima. Für hochqualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland ist die Schweiz ein Traum. Im renommierten Expats-Lebensqualitäts-Ranking des Finanzkonzerns HSBC liegt sie an erster Stelle, vor Singapur und China. Das sagen die, die es wissen müssen: Die Umfrage wurde unter 9300 im Ausland arbeitenden Managern in mehr als 100 Staaten durchgeführt.

Doch offensichtlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Viele der Expats leiden. Weil sie die Sprache nicht sprechen, weil sie schlecht integriert sind, weil die Schweizer ihnen gegenüber ablehnend auftreten. Sex-Schriftstellerin Jill Alexander Essbaum (44) steht mit ihrer Meinung im Roman «Hausfrau» nicht allein.

So sieht zum Beispiel der Basler Stadtentwickler Thomas Kessler feindliche Haltungen gegenüber Expats, die als undurchsichtige Kosmopoliten wahrgenommen werden, «die einem die Wohnung wegnehmen», wie er im März der «Basler Zeitung» sagte.

Leichte Opfer

Manche Vermieter und Gewerbler sehen Expats als leichte Opfer – und zocken sie dementsprechend ab. Mieten werden unzulässig krass erhöht, Handwerker verlangen plötzlich das Doppelte für ihre Arbeit. Schliesslich kennen die Neuzuzüger die hiesigen Gesetze nicht und die Sprache kaum.

In Zürich hat ein Vermieter einem Expat eine Wohnung für 25 Prozent mehr Miete als dem Vormieter angedreht. Fies: Er jubelte ihm ausserdem eine dreimonatige Probezeit für die Wohnung unter, wie «20 Minuten» berichtete. Wenn er sich gegen die rechtswidrige Mietzinserhöhung geklagte hätte, wäre der Mieter rausgeflogen.

Kein Konto für Amis

Für US-Amerikaner ein zusätzliches Problem: Schweizer Banken tun sich schwer damit, ihr Geld zu verwalten. Manche Banken kündigen US-Bürgern ohne Umschweife das Konto. Selbst wenn sie seit über 50 Jahren Kunden sind, wie es die «Credit Suisse» laut der «NZZ» in einem Fall tat.

Hintergrund hinter dem abweisenden Verhalten der Schweizer Banken ist der «Foreign Account Tax Compliance Act» (Fatca), der Steuerhinterziehung von US-Bürgern verhindern soll. Dieser verpflichtet Banken ausserhalb der USA, Einkommens- und Vermögensinformationen amerikanischer Kunden an die US-Steuerbehörde zu liefern.

Es sind aber auch weichere Faktoren, die den Expats zu schaffen machen. John Baker, der in Basel den Expat-Verein «Centre Point» präsidiert, kennt sie. Ein Problem haben zum Beispiel die Partner von Berufstätigen, sagt er dem «Sonntag». Meist kommen sie mit ihrem Ehemann oder ihrer Ehefrau mit, weil die im fremden Land ein gutes Jobangebot bekommen haben.

Während die arbeitstätige Hälfte des Paares am Arbeitsplatz schnell Kollegen findet, fehlen ihnen Strukturen, Freunde, Sprachkenntnisse und berufliche Perspektiven.

Schwierige Schweizer

Dazu kommt die Schweizer Zurückhaltung: «Bei meinem letzten Job in den USA war die Atmosphäre im Büro lockerer», sagt der Alstom-Angestellte Raghu Viswanathan aus Indien zu «swissinfo.ch». «Schweizer Angestellte trennen strikt zwischen Arbeit und Freizeit. Zumindest am Anfang gibt es da nicht viel privaten Kontakt.» Das habe sich erst mit der Zeit gelegt.

«Es gibt in der Schweiz eine extrem starke Trennung zwischen Arbeit und übrigem Leben: Wenn man arbeitet, dann arbeitet man, über Mittag stempelt man aus und arbeitet nicht, am Wochenende arbeitet man ebenfalls nicht», meint auch Kathy Hartmann-Campbell von der Expats-Organisation Basel Connect. «So, wie die Zeiten strikt getrennt sind, sind auch die Sphären von Arbeit und Freizeit getrennt. Das macht es für Expats schwierig», erklärt sie der «Basellandschaftlichen Zeitung».

Trotz allem gibt es für einsame Expats Hoffnung. Der Trick: Ein Apéro! «In Amerika kommen die Nachbarn auf einen zu, wenn man zügelt», sagt Hartmann-Campbell. «Sie bringen etwas zu essen, bieten ihre Hilfe an, und man wird sofort eingeladen. Hier warten die Nachbarn skeptisch, wer denn da kommt. Man wartet, bis die Fremden sich vorstellen.» (eg)

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