Der Termin zwischen Philipp Müller und dem Journalisten des «Regionaljournals» von SRF ist schon länger festgesetzt. Am letzten Freitag Vormittag treffen sie sich um 11 Uhr beim Wohnort des Politikers für ein Interview über die anstehenden Ständerats-Wahlen. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand wusste: Nur wenige Stunden vor dem Treffen verursachte Müller mit seinem Auto einen Crash, der Rollerfahrerin Kim A. (17) schwer verletzte.
Müller gibt sich im Interview gewohnt stilsicher, antwortet ruhig und überlegt. Vom «Schock», der bei ihm vorgeherrscht habe, war da bereits nichts mehr zu merken. Im ganzen Gespräch erwähnt der Präsident der FDP den Vorfall nicht ein einziges Mal.
Ein Satz wie Hohn
Ein Satz des Politikers muss hingegen für das junge Unfallopfer wie Hohn wirken: Darauf angesprochen, wie sein weiterer Tag noch aussehe, antwortete Müller: «Ich habe sehr viel Arbeit hier zu Hause im Büro. Dann unzählige Mails und Telefone mit Journalisten. Medienarbeit ist sehr wichtig. Mein Tag ist ausgefüllt. Aber am Abend gönne ich mir ein Nachtessen mit einem guten Glas Wein.»
Am Freitag Nachmittag verschickte Müller dann eine Stellungnahme zum Unfall. Darin bedauerte er den Vorfall sehr und wünschte der Rollerfahrerin gute Besserung.
«Es ist jetzt ein Härtetest für ihn»
Müller wurde bereits vom Vater des angefahrenen Jugendlichen kritisiert, weil er sich weder am Unfallort noch später bei der Familie des Opfers gemeldet habe. Die Äusserung im Interview könnten den Politiker nun zusätzlich in ein schlechtes Licht rücken.
Marco Unternährer, erfahrener Luzerner Rechtsanwalt von Verkehrsopfern, rät Müller im SonntagsBlick, alles zu sagen, was er weiss. «Es ist jetzt ein Härtetest für ihn: Wie handelt man in einer Situation, in der hohes moralisches Verhalten gefordert ist? Von ihm, dem Nationalrat und FDP-Chef, erwartet man jetzt korrektes Verhalten ganz besonders.»
Um die genaue Unfallursache zu klären, ist eine Untersuchung eingeleitet worden. Die Kantonspolizei nahm Müller vorübergehend den Führerausweis ab. Dabei handelt es sich jedoch um ein Standardvorgehen.
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