Fall Flaach
«Jetzt können wir endlich trauern»

Die Eltern von Kindsmörderin Natalie K. (†27) Björn (50) und Christine K. (51) wollen nun endlich zur Ruhe kommen und trauern. Im ganzen Stress kamen sie nicht dazu.
Publiziert: 30.01.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:31 Uhr
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Die Eltern von Natalie K. wollen nun zur Ruhe kommen: Björn und Christine K.
Foto: Joseph Khakshouri
Lea Gnos (Text) und Joseph Kakshouri (Foto)

Björn (50) und Christine K.* (51) haben fast die ganze Nacht nicht geschlafen. Die Eltern von Kindsmörderin Natalie K.* (†27) haben das psychiatrische Gutachten zum Fall Flaach mit grosser Anspannung erwartet. Gestern nun wurde es von den Zürcher Behörden präsentiert.

Der Fall: Am 1. Januar 2015 erstickte Natalie K. ihre eigenen Kinder Alessia (†2) und Nicolas (†5) im Wohnhaus in Flaach ZH. Sie wollte verhindern, dass die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) die Kinder endgültig im Heim platziert. Der gestrige Bericht sollte zeigen, ob die Kesb bei diesem Entscheid Fehler gemacht hat.

Laut Gerichtspsychiater Frank Urbaniok litt die Mutter an einem instabilen ­Realitätsbezug in Kombination mit Geltungssucht. Für Urbaniok, eine besonders gefährliche Kombination, er zog Parallelen zum Kindsmord von Horgen ZH, bei dem eine Mutter 2007 ihre Zwillinge erstickt hatte.

Durch die Wegnahme der Kinder habe für Nathalie K. ein «existenzieller Machtkampf begonnen». Daraus sei der Plan entstanden der Kesb die Kinder zu entziehen, indem sie diese tötet.

Natalie K. hatte sich ein Luxusleben zusammenfantasiert: «Sie fuhr auch gerne mal mit dem Auto ihre Python-Schlange spazieren oder sagte zu den Kesb-Mitarbeitern, sie käme mit dem Privatjet.»

Als Natalie K. und ihr Mann am 4. November wegen Betrugs verhaftet wurden, sei die Realität brutal in die Scheinwelt eingebrochen. Björn und Christine K.  kennen das von ihrer Tochter: «Ich kann dies bestätigen, bei uns fantasierte sie auch immer. Es wurde auch schlimmer mit den Jahren», sagt ihre Mutter.

Das Fazit der Gutachter: Die Kesb handelte korrekt, als sie die Kinder am 31. Oktober in ­einem Heim platzierte. Denn kurz darauf werden Natalie K. und ihr Mann wegen Betrugs verhaftet. Auch der Entscheid, die Kinder im Heim zu lassen, war laut den Experten Kurt Affolter und Martin Inversini «vertretbar». Allerdings seien die Eltern von Natalie K. zu wenig miteinbezogen worden. «Die Kesb hat schlecht kommuniziert und zu wenig gut abgeklärt, ob allenfalls die Gross­eltern die Kinder aufnehmen könnten.»

Björn und Christine K. fühlen sich dadurch bestätigt. «Wir wollten uns um unsere Enkel kümmern, hatten das Kinderzimmer bereits eingerichtet», sagt Björn K. Seine Frau fügt an: «Als wir die Kinder ins Heim zurückbringen mussten, hörten wir ihr Weinen bis nach draussen. Es war schrecklich.»

Enttäuscht sind sie vom Fazit von Justizdirektorin Jacqueline Fehr, dass es wohl auch zu dieser Tat gekommen wäre, «wenn die Kesb alles perfekt gemacht hätte». Björn K.: «Die Tat hätte verhindert werden können. Unsere Tochter und unsere Enkel könnten noch leben.»

Jetzt aber wollen beide abschliessen. Christine K.: «Wir wollen zur Ruhe kommen und endlich trauern. Mit dem ganzen Stress kamen wir gar nicht dazu. Es wird wohl alles noch über uns hereinbrechen.»

* Name der Redaktion bekannt

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