Cheffluglehrer Lukas Rechsteiner
Er fand die zerschellte F/A-18

Cheffluglehrer Lukas Rechsteiner flog im Heli, aus dem die abgestürzte F/A-18 entdeckt wurde. Vom Piloten fehlt noch immer jede Spur.
Publiziert: 31.08.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 17:03 Uhr
Niklaus Wächter und Sermîn Faki

Es war Montag, gegen 16 Uhr, als die F/A-18 C im Gebiet Sustenpass verschwand. Mehr als 17 Stunden dauerte es, bis die Suchtrupps den abgestürzten Flieger gestern Morgen gegen neun Uhr bei der Westflanke des Hinter Tierbergs entdeckten, rund sechseinhalb Kilometer vom Sustenpass entfernt. Bei der Absturzstelle handelt es sich  um einen Bergkessel mit Schnee- und Gletscherflächen und steilen Felswänden.

Felix Stoffel: «Die Bilder sind schwer zu verstehen und zu ertragen.»
Foto: KEYSTONE

«Was wir gesehen haben, ist eine geschwärzte Felsfläche mit dem Durchmesser einer Lastwagenlänge», sagt Felix Stoffel, Chef Berufsfliegerkorps. Einzelne Trümmerteile habe man erkennen können, vor allem hinter der Krete. Allerdings seien diese sehr klein. Die Bilder seien für ihn als Kamerad und Fachmann «schwer zu ­verstehen und zu ertragen».

Absturzgebiet: Wolken verbergen den Hinter Tierberg über dem Sustenpass. Dort wurden auf über 3000 Metern die Trümmer der vermissten F/A-18 entdeckt.
Foto: PHILIPPE ROSSIER

In Alpnach OW ist das Helikopter-Kompetenzzentrum der Schweizer Luftwaffe stationiert. Von hier aus stiegen seit Montagnachmittag immer wieder Helis zu Such- und Rettungsaktionen auf. Bis tief in die Nacht hinein suchten die Truppen nach ihrem vermissten Kameraden. «Die 20 bis 25 an den Suchflügen beteiligten Personen haben zum Teil auf dem Platz übernachtet», sagt Flugplatzkommandant Albert Ulrich (55) zu BLICK.

Albert Ulrich: «Die Rettung eines Kameraden hat oberste Priorität.»
Foto: Niklaus Waechter

Eigentlich hätte Ulrich bereits seit Montag Ferien. Seinen Geburtstag morgen wollte er privat in der Luft verbringen. Als die Meldung von der vermissten F/A-18 eintraf, waren Ferien für ihn kein Thema mehr. «Ich bin Berufsoffizier. Für mich hat die Rettung eines Kameraden oberste Priorität», stellt Albert Ulrich klar. Schon kurz nach dem Verschwinden des Jets, um 16.40 Uhr, stieg der erste Suchhelikopter vom Typ EC 635 von Alpnach auf.

Ein emotionaler Einsatz

«Es war ein emotionaler Einsatz», sagt Pilot Marco Merz (31). «Einerseits ist man versucht, die Mission unbedingt erfolgreich abschliessen zu wollen. Anderseits muss man angesichts der tückischen Wolkenlage einen kühlen Kopf bewahren. Und rechtzeitig abbrechen, um nicht selbst in eine ausweglose Situation zu geraten.»

Super Puma Cheffluglehrer Lukas Rechsteiner (47) pilotierte den Suchheli, der die Trümmer fand.
Foto: Niklaus Waechter

Auch Cheffluglehrer Lukas Rechsteiner (47) suchte nach der vermissten F/A-18 – und fand sie schliesslich. Seit Mitternacht stand er mit seinem Super-Puma in Einsatzbereitschaft. Mehrfach rückten er und sein Team in der Nacht auf gestern zu Suchflügen aus. Gegen neun Uhr machten sich gleich vier Helis auf den Weg in das Suchgebiet. Mit an Bord fünf Beobachter. Bei leichtem Südwind hielten sich nur noch vereinzelte Wolken an den Gipfeln. «Es war einer der Loadmaster, der als Erster aus der offenen Seitentüre heraus die Trümmer entdeckte», sagt Rechsteiner.

Gleichzeitig ortete auch der Heli, der auf der anderen Seite des Grats auf rund 3300 Metern über Meer das Gelände absuchte, erste Trümmer. Rechsteiner: «Wir haben dann das gesamte Trümmerfeld zu erfassen versucht und vor allem nach dem Piloten gesucht.» So gross die Erleichterung und Befriedigung über den Fund der Trümmer war, es blieb die nagende Ungewissheit über das Schicksal des verunglückten Piloten. «Wir konnten keinerlei Spuren von ihm entdecken.»

Rechsteiner kannte den Piloten nicht. Für  ihn gilt, was für alle Besatzungen von Such- und Rettungsflügen gilt: Solange der Pilot nicht gefunden ist, wird weiter nach ihm gesucht.

Ein Super-Puma der Armee steigt von Meiringen aus zur Suche auf.
Foto: PHILIPPE ROSSIER

Nach welchem Kameraden sie suchen, wüssten die Einsatzkräfte in der Regel nicht, sagt Flugplatz-Kommandant Ulrich. Sobald eine Maschine überfällig sei, werde in der Einsatzzentrale in Dübendorf ZH, wo alle Flugpläne verarbeitet werden, der entsprechende Flug ausgeblendet. So sei nur ein sehr kleiner Personenkreis über die Identität der Insassen des betroffenen Luftfahrzeugs informiert. «Damit wird sichergestellt, dass die Angehörigen die schlimme Nachricht nicht über den Bekanntenkreis oder die Medien erfahren müssen», erklärt Albert Ulrich.

Statt Ferien hat er mit seinem Team eine arbeitsintensive Nacht mit erhöhter Einsatzbereitschaft hinter sich. Um 7.30 Uhr stieg erneut ein EC-Helikopter zum Suchflug auf. Wer das Wrack geortet hat und mit welchen Mitteln, das konnte der Flugplatz-Kommandant nach der Meldung über den Fund nicht sagen. Für ihn gilt: «Wir haben getan, was wir konnten und wofür wir von der Notfall-Organisation der Armee, der Luftwaffe und des Flugplatzes Meiringen beauftragt wurden».

Die Hoffnung bleibt

Nun geht es darum, den vermissten Piloten zu finden. Die Hoffnung bleibt: «Am Schleudersitz hat es ein fix installiertes Überlebens-Set mit einem Ein-Mann-Rettungsboot, medizinischer Ausrüstung, Wasser und Nahrung. Prinzipiell ist es also möglich, einige Tage zu überleben. Das wird auch trainiert», sagt Felix Stoffel gegenüber BLICK.

Ob es wirklich gelinge, hänge aber von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa vom Wetter – aber auch davon, ob und wie schwer man verletzt sei. Und in welchem Gelände man landet.

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