Alle Passagiere kennen es, die meisten von ihnen nervt es gewaltig: Bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen werden Behälter im Handgepäck, die grösser als 100 Milliliter sind, gnadenlos weggeworfen. Grund: Risiko von Flüssigsprengstoff. Seit einem missglückten Anschlagsversuch 2006 wurde diese Regelung weltweit eingeführt.
Können Anschläge so also verhindert werden? Von wegen! Sicherheitsexperten winken ab: «Mit 100 Millilitern kann man schon eine Menge anrichten. Und mehrere Terroristen können sich hinter der Security treffen und ihre Flüssigkeiten zusammenschütten», sagt Elmar Giemulla, Experte für Luftverkehrsrecht, zur «NZZ».
Regelung beruhigt Passagiere
Und Jörg Stierstorfer, Chemie-Professor in München, ergänzt gegenüber der Zeitung: «Natürlich können auch 100 Milliliter einen beträchtlichen Schaden anrichten, wenn die Flüssigkeit richtig verdämmt ist. Eine der leistungsfähigsten Flüssigkeiten ist Nitroglycerin.»
Laut den Experten dient die Regelung vor allem der Beruhigung der Flugreisenden. Volker Zintel, Sicherheitsexperte für Flughäfen, sagt zur «NZZ»: «Den Passagieren wurde damit gezeigt: Hier wurde reagiert.»
Neuer 3D-Scanner erkennt Flüssigkeiten
Doch wenn sie eigentlich leicht zu umgehen wäre – warum wird die Regel nicht wieder abgeschafft? Um eine Sicherheitsmassnahme, die einmal auf die Liste bei der EU gekommen ist, wieder abzuschaffen, dauert es laut Christian Schubert vom Bazl mehrere Jahre. Zudem würde es die Passagiere verunsichern, glauben Experten.
Der 100-Milliliter-Ärger dürfte aber nicht ewig nerven: Derzeit wird ein neuer 3D-Scanner an Flughäfen wie London-Heathrow und Genf getestet. Dieser kann auch die Beschaffenheit von Flüssigkeiten erkennen. Ein nicht namentlich genannter EU-Beamter sagt: «Wir glauben, dass diese Technologie langfristig die Restriktionen an Flüssigkeiten, die mit an Bord gebracht werden dürfen, ablösen wird.» (neo)