Der traditionsreiche Velohersteller Tour de Suisse Rad AG in Kreuzlingen TG produziert in einer modernen Hülle: viel Glas, viel Beton, hohe Innenräume und ein grosszügig dimensionierter Ausstellungsraum mit einem Velo-Kaffee. Doch wie schneidet das über 85-jährige Unternehmen im Energiecheck ab?
Mark Iten (42) kennt alle Tricks. Zusammen mit dem Energiespezialisten besucht Blick KMU und Privathaushalte. Ziel ist es, das Energiesparpotenzial auszuloten. Um herauszufinden, wo man mit wie grossem Aufwand eine relevante Senkung der Strom- und Heizkosten bewirken kann.
Nachhaltigkeit ist dem Chef wichtig
Wie bei Privatpersonen informiert sich Iten auch beim Velohersteller zuerst über den aktuellen Stand der Einrichtungen. Dafür trifft er Inhaber und CEO Reto Meyer (42). Er beantwortet Fragen: «Wie wird geheizt?» «Wie viel leisten die Solarzellen auf dem Dach?» «Wie wird produziert?» Beim Rundgang werden dann Detailfragen geklärt. Iten sieht sich die Einstellungen der Geräte an und überlegt sich, wo man noch einsparen kann, ohne die Produktion zu beeinträchtigen.
Dem Firmenchef ist Nachhaltigkeit sehr wichtig, er ist auf die Resultate der Analyse gespannt. «Wenn wir etwas optimieren können, werden wir das tun», sagt Meyer. Diese Philosophie kommt beim Energieexperten gut an. Immerhin verbraucht die Tour de Suisse Rad AG um die 282'000 Kilowattstunden pro Jahr.
Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Doch wie macht man das am besten? Wo am sinnvollsten? Blick und Energiespezialist Mark Iten (42) nehmen in diesen Wochen Privathaushalte und Firmen unter die Lupe. Wir schauen, wie es um den Energieverbrauch steht und was verbessert werden könnte.
Energieexperte Iten ist Inhaber der Münsinger Firma Enova AG. Er erstellt Expertisen im Auftrag des Bundes für Private und Firmen. Die Beiträge entstehen in Zusammenarbeit mit Swisscleantech, dem Verband der klimatauglichen Wirtschaft, und der act Cleantech Agentur Schweiz.
Soll der Blick-Energieberater auch zu Ihnen kommen? Schreiben Sie ein Mail an community@blick.ch mit einer kurzen Begründung.
Bisher erschienen: Einfamilienhaus von Blick-Leser Patrick Lauber, das Velogeschäft Tour de Suisse Rad AG und die Privatwohnung von Eiskunstlauf-Star Dennis Bielmann.
Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Doch wie macht man das am besten? Wo am sinnvollsten? Blick und Energiespezialist Mark Iten (42) nehmen in diesen Wochen Privathaushalte und Firmen unter die Lupe. Wir schauen, wie es um den Energieverbrauch steht und was verbessert werden könnte.
Energieexperte Iten ist Inhaber der Münsinger Firma Enova AG. Er erstellt Expertisen im Auftrag des Bundes für Private und Firmen. Die Beiträge entstehen in Zusammenarbeit mit Swisscleantech, dem Verband der klimatauglichen Wirtschaft, und der act Cleantech Agentur Schweiz.
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Das Gebäude hat im Parterre einen Showroom mit grossen Fenstern, im ersten Stock befindet sich die Montage, das Spritzwerk für den Nasslack und der Einbrennofen für die Pulverbeschichtung. Hier macht Energieexperte Iten die ersten Notizen. Die heisse Abluft pfeift ungenutzt aus dem Kamin. Das Problem: Als das Gebäude 2018 gebaut wurde, gab es noch keine sinnvolle Lösung für die Nutzung der Abwärme. Heute könnte sich eine Verwertung aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise lohnen.
Gute Gebäudehülle
Heizen muss das Unternehmen trotz der herbstlichen Temperaturen noch nicht. Obwohl es draussen regnet und das Thermometer 11 Grad zeigt, ist es im Gebäude behaglich warm. Die Zuluft wird mit der Abluft vorgewärmt, das Gebäude hat Minergie-Standard. Die Fenster sind dreifach verglast.
Wie modern die Firma eingerichtet ist, zeigt sich bei der Solaranlage auf dem Dach. 70 Prozent des selbst produzierten Stroms nutzt die Firma für sich, 30 Prozent speist sie ins öffentliche Netz – vor allem am Wochenende, wenn der Betrieb kaum Strom verbraucht.
Weil die Sonne nicht immer scheint, erreicht die Anlage eine Autarkiequote von 41 Prozent. Das bedeutet, dass die Solaranlage fast die Hälfte des verbrauchten Stroms der Firma selbst produziert. «Wir sind dran, eine Speicherlösung zu suchen», sagt Firmenchef Meyer. «Dann könnten wir die Quote um gut 10 Prozent auf über die Hälfte verbessern.»
Grosse Wärme- und Kältespeicher
Ebenfalls auf dem Dach steht eine riesige Luft-Wasser-Wärmepumpe – eine ebenfalls vorbildliche Lösung. Benötigt die Veloschmiede Wärme, wird sie energieeffizient produziert. Pro Jahr verbraucht die Pumpe ungefähr 30'000 Kilowattstunden, dafür reicht die Stromproduktion der Solaranlage locker aus. Im Sommer wird die Wärmepumpe als Kältemaschine genutzt. Im Keller stehen grosse Wärme- und Kältespeicher. Auch sie helfen, die Heiz- und Kühlkosten in Grenzen zu halten.
Reto Meyer führt das Unternehmen in dritter Generation. Seit 2010 hat er das Ruder übernommen, für ihn ist bewusst gelebte Nachhaltigkeit als Unternehmer und Velohersteller wichtig. Er sagt: «Wir agieren als verantwortungsvolle Unternehmer mit dem Anspruch und der Überzeugung, unseren Beitrag zur nachhaltigen Produktion am Standort Schweiz zu sichern. Dieses gute Gefühl wollen wir unseren Kundinnen und Kunden mit auf den Weg geben.»
Lohnen sich die grünen Investitionen?
Aber haben sich die Mehrkosten auch wirklich gelohnt? Oder war es nur für das gute Gewissen? Meyer sagt zu Blick: «In der Jahresgesamtabrechnung waren zwar manche Massnahmen teurer als die konventionelle Bauweise. So haben wir zum Beispiel auch Recycling-Beton verwendet und Zusatzinvestitionen getätigt für energieeffiziente Lösungen. Diese Zusatzkosten sind auf Lebenszeit tragbar oder amortisieren sich nach hälftiger Lebensdauer.»
Finanziell lohne es sich vor allem bei steigenden Energiepreisen wie jetzt. Die Solaranlage etwa sollte sich ursprünglich nach neun Jahren amortisieren. «Bei 50 Prozent höherem Strompreis wird sich das jetzt aber beschleunigen», sagt Meyer.
Und wo ist das Optimierungspotenzial? Wie zufrieden ist Energieexperte Iten? Blick zeigt das Fazit:
Tour de Suisse Rad AG macht in Sachen Energieeffizienz vieles richtig. Energieexperte Mark Iten ist zufrieden. Hier ein paar Aspekte, die beim Schweizer Fahrradanbieter herausstechen:
- Das 2018 erstellte Gebäude wurde nach dem neusten technischen Stand gebaut. Auch wenn es im Herbst bereits kühl ist, muss TdS noch eine Weile nicht heizen. Der Grund liegt in der passiven Nutzung von Wärme aus der Sonne, die durch die grosszügigen Fensterflächen ins Gebäude einfällt. Zudem entsteht aufgrund der Prozesse im Gebäude zusätzliche Abwärme, die dazu führt, dass die Heizung erst sehr spät in Betrieb genommen werden muss.
- Auf dem Dach arbeitet eine leistungsfähige Solaranlage. Der Strom, den die Firma nicht nutzt, wird in das öffentliche Netz eingespeist. Vergütet wird der Strom zu einem sehr tiefen Preis von unter 7 Rappen. Das ist weit unter dem Marktpreis.
- Der Firma ist der jeweils aktuelle Leistungsstand nicht genug. Regelmässig holt sie sich externe Berater, um mit dem neusten Stand der Technik mitzuhalten.
- Bei der Energieberatung 2020 hat TdS eine Peik-Energieberatung des Bundes durchgeführt. Die vorgeschlagenen Massnahmen wie der Austausch von Fahrzeugen mit fossilen Antrieben wie Benzin oder Diesel oder die Beseitigung von Druckluftlecks wurden schon umgesetzt, die Eigenverbrauchserhöhung durch Stromspeicher ist in der Evaluation.
- Tour de Suisse Rad AG ist seit diesem Herbst Mitglied der Plattform Sustainabill. Die cloudbasierte IT-Plattform macht die Nachhaltigkeit der Lieferketten transparent. Produzenten zum Beispiel in Asien können dadurch nach Kriterien wie Umweltbelastung oder Arbeitsbedingungen ausgewählt werden. Das wiederum fördert die Nachhaltigkeit im Herstellungsland.
Tour de Suisse Rad AG macht in Sachen Energieeffizienz vieles richtig. Energieexperte Mark Iten ist zufrieden. Hier ein paar Aspekte, die beim Schweizer Fahrradanbieter herausstechen:
- Das 2018 erstellte Gebäude wurde nach dem neusten technischen Stand gebaut. Auch wenn es im Herbst bereits kühl ist, muss TdS noch eine Weile nicht heizen. Der Grund liegt in der passiven Nutzung von Wärme aus der Sonne, die durch die grosszügigen Fensterflächen ins Gebäude einfällt. Zudem entsteht aufgrund der Prozesse im Gebäude zusätzliche Abwärme, die dazu führt, dass die Heizung erst sehr spät in Betrieb genommen werden muss.
- Auf dem Dach arbeitet eine leistungsfähige Solaranlage. Der Strom, den die Firma nicht nutzt, wird in das öffentliche Netz eingespeist. Vergütet wird der Strom zu einem sehr tiefen Preis von unter 7 Rappen. Das ist weit unter dem Marktpreis.
- Der Firma ist der jeweils aktuelle Leistungsstand nicht genug. Regelmässig holt sie sich externe Berater, um mit dem neusten Stand der Technik mitzuhalten.
- Bei der Energieberatung 2020 hat TdS eine Peik-Energieberatung des Bundes durchgeführt. Die vorgeschlagenen Massnahmen wie der Austausch von Fahrzeugen mit fossilen Antrieben wie Benzin oder Diesel oder die Beseitigung von Druckluftlecks wurden schon umgesetzt, die Eigenverbrauchserhöhung durch Stromspeicher ist in der Evaluation.
- Tour de Suisse Rad AG ist seit diesem Herbst Mitglied der Plattform Sustainabill. Die cloudbasierte IT-Plattform macht die Nachhaltigkeit der Lieferketten transparent. Produzenten zum Beispiel in Asien können dadurch nach Kriterien wie Umweltbelastung oder Arbeitsbedingungen ausgewählt werden. Das wiederum fördert die Nachhaltigkeit im Herstellungsland.
Bei der Kreuzlinger Firma Tour de Suisse Rad AG ist es nicht einfach, weiteres Energiesparpotenzial aufzustöbern. Experte Iten hat auf hohem Niveau ein paar Vorschläge:
- Bei der Beleuchtung, die 22 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmacht, könnte durch Zonierung mit Dimmer eingespart werden. Die ganzen Stockwerke sind beleuchtet, auch wenn nur ein Teil der Fläche genutzt wird. Am meisten fällt das im Lager im Untergeschoss auf. Iten ortet bei der Beleuchtung Sparpotenzial von ungefähr 6200 kWh oder 1220 Franken pro Jahr.
- Die Abwärme der Pulverbeschichtung wird im Moment nicht genutzt. Mit einem Ventilator könnte man im Winter die Abwärme auf dem Stockwerk und in anderen Bereichen direkt verteilen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte bei Bedarf eine kleine Wärmepumpe nachgerüstet werden. Gleichzeitig könnte man die Heizung etwas herunterschrauben. Mögliche Wärmeeinsparung: 11'800 kWh pro Jahr, das bedeutet eine Reduktion des Stromverbrauchs um 3360 kWh oder 663 Franken.
- Die Druckluftanlage ist auf 9,5 Bar eingestellt. Hier sollte geprüft werden, ob auch 6,5 oder 7 Bar genügen. In der Produktion sollten eigentlich 6 Bar Enddruck genügen. Einsparpotenzial: 960 kWh oder 190 Franken pro Jahr.
Bei der Kreuzlinger Firma Tour de Suisse Rad AG ist es nicht einfach, weiteres Energiesparpotenzial aufzustöbern. Experte Iten hat auf hohem Niveau ein paar Vorschläge:
- Bei der Beleuchtung, die 22 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmacht, könnte durch Zonierung mit Dimmer eingespart werden. Die ganzen Stockwerke sind beleuchtet, auch wenn nur ein Teil der Fläche genutzt wird. Am meisten fällt das im Lager im Untergeschoss auf. Iten ortet bei der Beleuchtung Sparpotenzial von ungefähr 6200 kWh oder 1220 Franken pro Jahr.
- Die Abwärme der Pulverbeschichtung wird im Moment nicht genutzt. Mit einem Ventilator könnte man im Winter die Abwärme auf dem Stockwerk und in anderen Bereichen direkt verteilen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte bei Bedarf eine kleine Wärmepumpe nachgerüstet werden. Gleichzeitig könnte man die Heizung etwas herunterschrauben. Mögliche Wärmeeinsparung: 11'800 kWh pro Jahr, das bedeutet eine Reduktion des Stromverbrauchs um 3360 kWh oder 663 Franken.
- Die Druckluftanlage ist auf 9,5 Bar eingestellt. Hier sollte geprüft werden, ob auch 6,5 oder 7 Bar genügen. In der Produktion sollten eigentlich 6 Bar Enddruck genügen. Einsparpotenzial: 960 kWh oder 190 Franken pro Jahr.