«Sprengt sie einfach in die Luft!», schreibt Oscar Bergamin (50) auf Twitter. Dazu die Koordinaten einer syrischen IS-Gefechtsstellung nahe der türkischen Grenze. Einen Tweet richtet er direkt an das Zentralkommando der Vereinigten Staaten Centcom.
Für viele Nutzer des Kurznachrichtendienstes ist schnell klar: Der Schweizer, der 2013 das Hilfswerk «Ash-Sham Care» für notleidende Syrer gegründet hat, spioniert für die Amerikaner.
«Ja, ich habe diese Tweets abgesetzt», sagt Bergamin zu Blick.ch. Aber auch: «Nein, ich bin kein Spion.» Die Nachrichten habe er im Affekt geschrieben, in einem «Anfall von Zynismus und Frustration über IS».
«Habe einen Seich gemacht»
Der Standort des Bunkers sei hinlänglich bekannt, um einen Geheimtipp handle es sich dabei nicht. «Es ist, als hätte ich die Koordinaten des Eiffelturms getwittert», sagt der ehemalige Journalist. Mittlerweile sehe er ein, dass er «einen Seich gemacht» habe.
IS-Rebellen würden regelmässig twittern. Die USA beispielweise ernteten für ihre Luftangriffe in Syrien Spott und Hohn. «Haha, ihr habt schon wieder nicht getroffen», würden die Dschihadisten schreiben.
«IS ist Terror pur»
Bergamin ist nach eigenen Angaben seit über einem Jahr oft karitativ in Syrien gewesen, hat sich für Soforthilfe und Wiederaufbau eingesetzt. Jetzt hält er sich aber in Istanbul auf. Angst vor den IS-Terroristen hat er zwar keine, man müsse aber «vorsichtig» sein.
Nichtsdestotrotz: Die Dschihadisten seien «äusserst gefährlich», «sehr gut organisiert» und «unberechenbar». «Terror pur», sagt das ehemalige Vorstandsmitglied des Islamischen Zentralrats Schweiz (IZRS).
Mit dem Islam habe die Terrormiliz «vorne und hinten nichts» zu tun, sagt der selber zum Islam konvertierte Katholik. «Das sind Faschisten mit islamischem Mäntelchen.»
Drohungen auf Twitter
In der türkischen Grenzregion zu Syrien seien die Bewohner und Flüchtlinge nervös. «Die Rebellen kommen auch über die Grenze – sie sind rasiert, tragen Trainerhose und Turnschuhe. Man sieht ihnen den Terror nicht an, das steht ja nicht auf der Stirn», sagt Bergamin.
Trotz der unablässigen Gefahr – und der Drohungen, die Bergamin nach seinen jüngst abgesetzten Tweets bekommen hat – will er bleiben. «Ich habe eine Verantwortung für die Menschen, die für mich arbeiten», sagt er. In einem Flüchtlingslager beschäftigt und bezahlt «Ash-Sham Care» zum Beispiel vier Lehrerinnen – für 5300 Kinder von insgesamt 20'000 Flüchtlingen.