Peter Iten (66) weiss es noch, als wäre es gestern gewesen. Am 24. September 1993 fand die Polizei den Informatiker Martin S. * leblos in seinem Ehebett in Uerikon ZH vor. Ein normaler Todesfall konnte es nicht sein: Martin war gerade mal 26 Jahre alt und eigentlich gesund.
Drei Tage später, so Iten, «stand plötzlich ein Weisskittel in meinem Büro. Er fragte: ‹Kannst du Knollenblätterpilz-Gift in einer Leiche nachweisen?›» Der «Weisskittel» hiess Bruno Vonlanthen. Beruf: Gerichtsmediziner. Arbeitsplatz: das Zürcher Institut für Rechtsmedizin, wenige Türen von Peter Iten entfernt. Vonlanthen war gerade dabei gewesen, die Leiche von Martin S. zu obduzieren, als er ohne seinen Kollegen nicht mehr weiterkam.
Iten: «Ich dachte erst, Bruno sei verrückt geworden. Wie kommt er nur auf so was?!» Eine Tötung mit Knollenblätterpilzen – das hatte es in der Schweizer Kriminalgeschichte noch nie gegeben. Zumindest war es niemals nachgewiesen worden.
Doch Niere und Leber des Verstorbenen waren wie zerfressen. «Dies», so Iten, «wies auf eine Vergiftung hin.» Zudem hatte Vonlanthen im Magen des Toten einen Teil eines Pilzstiels entdeckt. Das hatte endgültig seinen Verdacht geweckt. Erst später stellte sich heraus, dass das Fragment kurioserweise zu einem nicht giftigen Pilzgericht gehört hatte.
Per Kurier schickt Iten ein Röhrchen mit Gallenflüssigkeit des Toten in ein Speziallabor. «Die Galle ist das Ausscheidungsorgan der Leber. Dort lassen sich mögliche Giftanteile am vorteilhaftesten feststellen.» Per Radioimmunoassay-Verfahren können noch geringste Konzentrationen von Substanzen über die Strahlungsintensität bestimmt werden.
Auf diese Weise wurde in der Galle Alpha-Amanitin festgestellt, eines der gefährlichsten Toxine überhaupt – und Hauptgiftstoff des Grünen Knollenblätterpilzes.
«Da lief es mir kalt den Rücken runter», erinnert sich der Toxikologe Iten. Umso mehr, als nach und nach die Details der Mordtat bekannt wurden: Martins Ehefrau Simone * und ihr Geliebter Daniel hatten die Tat minutiös geplant.
Simone S. gab sich gegenüber einem Pilzkontrolleur als Biologiestudentin aus, die eine Arbeit über den Grünen Knollenblätterpilz schreiben wolle. Sie wollte todsicher sein, dass es die richtigen Pilze waren, die sie gepflückt hatten.
Zu Hause presste sie, unterstützt von ihrem arbeitslosen Lover, die Pilze durch ein Sieb. Den tödlichen Saft stellten sie in einer Schoppenflasche in den Kühlschrank. Martin S. schöpfte keinen Verdacht, denn Simone hatte ein Baby – von ihrem Liebhaber Renzo.
Eines Abends betäubten sie das Opfer mit Schlafmitteln. Dann spritzten sie S. das Pilzgift direkt unter die Haut. Laut Iten war das «weltweit der erste solche Fall». Es dauerte lange bis zu einem zweifelsfreien Beweis – beispielsweise anhand der Schoppenflasche.
Der Gerichtschemiker: «Beinahe ein Jahr später brachte mir der polizeiliche Sachbearbeiter die aufgefundene Plastikflasche. Daniel hatte sie weggeworfen.» Iten gelang es mit Hilfe eines Spezialisten, das in den Vertiefungen der Flasche gesicherte Material als Knollenblätterpilz-Sporen zu identifizieren.
Weitere Erkenntnisse über den Tathergang hatte er durch die Auswertung von Mageninhalt, Urin und Blut des Getöteten erhalten. «Nach verschiedenen Vortests gelang es uns, mittels immunochemischer Verfahren Stoffe der Gruppe Benzodiazepine nachzuweisen», führt Iten aus. «Dies sind Schlaf- und Beruhigungsmittel.» Im Fall von Martin S. war es vor allem eine ausserordentlich hohe Konzentration des Beruhigungsmittels Seresta.
Die Ergebnisse entsprachen exakt dem Geständnis des Paares. Iten fand sogar Spuren des lokal wirkenden Schmerzmittels Lidocain in der Leiche. «Simone hatte es ihrem bereits betäubten Mann in den Arm gespritzt, um die Stelle für die späteren, besonders schmerzhaften Pilzgiftinjektionen unempfindlich zu machen.»
Als Iten den Bezirksanwalt darüber in Kenntnis setzte, wusste der bereits Bescheid: Simone S. hatte es ihm eben gestanden.
Das teuflische Paar wurde 1995 vom Zürcher Obergericht wegen Mordes zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. «Simone war die treibende Kraft, ihren Mann zu töten», so das Gericht. Sie hatte ihn über ein Partnerwahlinstitut kennengelernt.
* Namen sind der Redaktion bekannt.
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