Ex-Banker hat genug
«Fertig jetzt – ich und mein Töff hauen ab!»

Dreissig Jahre schuftete er in Teppichetagen bei Grossbanken. Dann reichte es ihm. Jetzt verprasst Sherif Loutfi (58) sein gespartes Geld für eine verrückte Töff-Reise.
Publiziert: 25.03.2016 um 21:47 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 19:55 Uhr
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Startklar: Sherif Loutfi (58) und seine Goldwing mit den beiden Flaggen.
Foto: Zvg
Marco Kamber

Sherif Loutfi ist kein Wahnsinniger. Das merkt man aber erst, wenn man ihm etwas länger zuhört. Im ersten Moment aber, wenn Loutfi von seiner Idee erzählt, meint man, dass da etwas nicht stimmen kann. 

Doch es stimmt: Er wird tatsächlich mit seiner schneeweissen Honda Gold Wing vom südlichsten Punkt der Erde zum nördlichsten, quer durch Amerika fahren. Von Ushuaia ins 30'000 Kilometer entfernte Alaska, alles mit seinem Töff, den er lieblich «die weisse Lady» nennt. 

Zweimeter-Flaggen anmontiert

Doch als wäre das nicht genug: Der 58-Jährige, der in Ägypten zur Welt gekommen ist und lange schon in der Schweiz lebt, wird mit seinem Töff die Schweizer- und die Ägyptische Flagge, beide etwa zwei Meter lang, durch die 14 Länder tragen. 

Treffen mit Botschaftern geplant

«Als Zeichen der Freundschaft zwischen Ägypten und der Schweiz», wie er sagt. In den grösseren Städten will Loutfi die Schweizer sowie die Ägyptischen Botschaften besuchen. «Einige haben schon Pressekonferenzen organisiert», sagt er stolz. 

War Kaderbänker bei UBS und CS

Loutfi kennt sich in Teppichetagen bestens aus: «Ich war Banker. 25 Jahre bei der UBS. Vom Sachbearbeiter rauf zum Direktionsmitglied», verrät er. Später hätte er eine CS-Filiale in Kairo geleitet. 

Und dann, mit 55, sagte er «fertig jetzt. Ich und mein Töff hauen ab.» Er wollte seine Träume in Erfüllung gehen lassen, sich seinen Hobbys widmen. «Töfffahren und die Welt erkunden», sagt Loutfi. Seine Banker-Karriere erklärt dann auch, wie er den teuren Spass zahlen kann. Alles in allem wird ihn etwa einen «Hunderttausender» kosten, schätzt Loutfi. 

Schon Zürich-Tokio hinter sich

Unerfahren ist er nicht, wenns um lange Reisen auf zwei Rädern geht. Schon vor Jahren fuhr der Ex-Banker von Zürich nach Tokio. Dies, weil er einfach Lust darauf hatte.

Und weil der Vater des damals kleinen Sherif immer Ägypten-Tokio geflogen sei. «Als Pilot», sei wohl bemerkt. Und dann erzählt der Ex-Banker noch eine schier unglaubliche, aber wahre Geschichte: «Er war viele Jahre Chefpilot der Boeing 747 des Ägyptischen Präsidenten.»

Der Töff ist schon da

Heute riefen wir Loutfi, schon ziemlich im Reisefieber, nochmals an. Gerade war er beim Elektrogeschäft. «Die haben mir nicht alle Länder aufs GPS geladen», schimpft er. Wenigstens klappt es mit dem Transport seiner Goldwing: «Die ist schon in Ushuaia und wartet schön auf mich.»

Er selber will am 1. April da sein – und dann losfahren. Loutfi gibt sich für die Reise 120 Tage Zeit. «Ich fahre jeden Tag. An Wochenenden mache ich nur Pause, wenn ich gerade in einer grösseren Stadt bin, wie Buenos Aires oder San Francisco, wo ich Botschafter treffe.» Dort werde er sich dann auch das eine oder andere Fünfstern-Hotel und einen «rechten Z'nacht» gönnen. 

Hotels mit mehr Ratten als Zimmern

Denn unterwegs wird's wohl spartanisch zu und her gehen. «Das Wichtigste ist mir nur, dass ich irgendwo drinnen schlafen kann. Denn in einigen Gebieten bin ich ja in der Wildnis, da gibt es Bären.» 

«Auf der Reise nach Japan habe ich manchmal in Hotels geschlafen, wo's mehr Ratten gab als Zimmer.» Das sei ihm aber gleich. «Muss ja nur schlafen», sagt er. Am nächsten Tag gibt es ein paar Nüsse oder getrocknete Datteln, 1000 Milligramm Vitamin C, «und dann weiter». 

«Weiss nicht, ob ich es überlebe»

Kriminelle, fremde Gebiete, schlechte Strassen – hat man da keine Angst? «Ja, eigentlich weiss ich ja nichtmal, ob ich das überhaupt überlebe!»

Aber auf die Herausforderung und die Überraschungen freut er sich. «Mehr als sterben kann man nicht. Oder meine Weisse Lady könnte den Geist aufgeben.»

Sonst sei er aber gegen alles gewappnet: «Wenn ich ohnmächtig und ausgeraubt werde, habe ich irgendwo noch 200 Dollar versteckt», sagt er. Aus der Ferne stehen ihm insgesamt sieben Freunde bei, mit denen er in Verbindung bleibt. 

Freunde navigieren ihn per Internet

«Meine Brüder in Ägypten und Abu Dhabi, die mir Geld schicken können, wenn alle Kreditkarten den Geist aufgeben. Und ein Freund aus Alexandria, der Meteorologe und Navigator in Pension ist, sucht mir die besten Routen heraus», sagt er. Ganz nach Wetter und Verkehr.

Im Konvoi durch heikle Gegenden

Die gefährlichsten Länder, die man mit zwei Flaggen durchfahren könne, seien Honduras und Guatemala. «Dort bin ich aber mit den Botschaften in Kontakt, die mir einen Konvoi organisieren», sagt der 58Jährige. Zahle er aber alles selber, versichert er. «Das ist es ihm aber wert. Ich werde die Flaggen nicht runternehmen und mich nicht stoppen lassen!»

Sherif Loutfi wird auf Facebook von seiner Reise berichten, die Anfang April losgeht.

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