Dieses Stelleninserat lässt aufhorchen: Die Christen-Frömmler vom Verein Livenet suchen Zivildienstleistende. Ziel: «Alle Schweizer Haushalte mit dem Evangelium zu erreichen.» Finanziert wird die Zivi-Stelle mit Unterstützung des Steuerzahlers. Wer «Teil einer christlichen Gemeinde und Nichtraucher» ist, kann statt im Militär bei den Machern von Jesus.ch seinen Staatsdienst leisten.
Frühere Stelleninserate belegen: Zivis wurden sogar für «SMS- und Telefon-Seelsorge» eingesetzt. Dabei sagt das Zivildienstgesetz klar: Nicht erlaubt sind Einsätze, die bezwecken, religiöses oder weltanschauliches Gedankengut zu verbreiten.
Valentin Abgottspon (36) ist Vizepräsident der religionskritischen Freidenker-Vereinigung. Er ist auf das Inserat gestossen und sagt: «Diese staatlich finanzierte Missionierung ist unserer Meinung nach nicht zulässig. Das sind christliche Fundamentalisten!»
Ein Blick auf das Angebot von Livenet.ch und Jesus.ch zeigt: Tatsächlich werden ultrakonservative Ansichten verbreitet. Homosexualität etwa entstehe unter anderem dadurch, dass sich «Betroffene häufig als Kinder einsam, isoliert und abgelehnt fühlten», heisst es in einem Artikel. Stillen wiederum führt zu einer gesunden Entwicklung – und Heterokindern.
Laut Sekten- und Religionsexperte Georg Schmid (49) ist Livenet ein Zusammenschluss von Mitgliedern verschiedener evangelikaler Freikirchen: «Sie wollen die Bibel eins zu eins umsetzen. Homosexualität und Sex vor der Ehe sind tabu. Auch das Werben für den Glauben ist ein zentraler Punkt.»
Der Aargauer GLP-Nationalrat Beat Flach (50) will jetzt Antworten vom Bundesrat. «Für mich ist völlig klar: Wenn Zivis für die Verbreitung des Evangeliums eingesetzt werden, entspricht das nicht dem Gesetz.»
Bei den zuständigen Behörden reagiert man nun. «Die Ausschreibungen von Livenet widersprechen teilweise dem Pflichtenheft», sagt Zivildienst-Sprecher Heinz Schenk. Seit 2011 habe es 21 Zivi-Einsätze bei den Frömmlern gegeben. Kostenpunkt: unbekannt. Livenet-Geschäftsführer Beat Baumann verteidigt sich: Zivis würden «primär für administrative Aufgaben eingesetzt».
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