Der Showdown naht, die Nervosität steigt. In einem letzten Kraftakt wollen die Befürworter des institutionellen Rahmenvertrags mit der EU dessen Scheitern verhindern.
Die wichtigsten Verfechter des Abkommens (kurz: Insta) sitzen in den Aussenpolitischen Kommissionen (APK) des Parlaments. Der Landesregierung haben sie bereits die Zusicherung abgerungen, vor einem Entscheid konsultiert zu werden.
Ihre Strategie besteht darin, den Druck auf den Gesamtbundesrat auszuweiten. Eine Anhörung von Aussenminister Ignazio Cassis alleine reicht nicht mehr.
FDP-Nationalrätin Christa Markwalder hat deshalb den Antrag eingereicht, dass alle sieben Mitglieder der Landesregierung der Kommission Red und Antwort stehen sollen. «Die einzelnen Bundesrätinnen und Bundesräte müssen endlich Farbe bekennen, ob sie den erfolgreichen bilateralen Weg weiterführen wollen», begründet sie ihr Ansinnen.
«Jedes Departement wäre von einer Nichtunterzeichnung des Abkommens negativ tangiert, etwa die Forschungskooperation, das Strommarktabkommen, der Bereich öffentliche Gesundheit und Cybersicherheit oder die Börsen- und Datenschutzäquivalenz.»
«Alle sieben stehen in der Verantwortung»
Bei Kommissionspräsidentin Tiana Angelina Moser stösst Markwalder auf offene Ohren. Anfang April sagte die Grünliberale im SonntagsBlick: «Kein Bundesrat kann sich hinter dem Aussenminister verstecken. Alle sieben stehen in der Verantwortung.»
Für die Sitzung vom 26. und 27. April hat Moser vier Regierungsmitglieder vorgeladen. Darunter Bundespräsident Guy Parmelin.
Das Timing ist pikant: Drei Tage zuvor, am 23. April, wird er gemäss Tamedia-Zeitungen die Spitze der EU-Kommission treffen. Seinen Besuch in Brüssel wird er also in der Erwartung abstatten, kurz danach von den Parlamentariern ins Kreuzverhör genommen zu werden. Falls er den Kommissionsmitgliedern keine Perspektive wird aufzeigen können, dürfte es für ihn ein unangenehmer Termin mit der APK werden.
Cassis, Keller-Sutter und Berset
Ebenfalls auf der Gästeliste der nationalrätlichen Kommission stehen für den 26. und 27. April Aussenminister Cassis, FDP-Justizministerin Karin Keller-Sutter und SP-Gesundheitsminister Alain Berset. Er und Keller-Sutter gelten als Gegner des derzeitigen Insta-Entwurfs.
Organisatorisch wäre es ein Kunststück, sieben Magistraten zu einer Sitzung vorzuladen. Bleiben also noch Uvek-Vorsteherin Simonetta Sommaruga, VBS-Chefin Viola Amherd und Finanzminister Ueli Maurer.
Knacknuss Sommaruga
Beim SVPler dürfte für die Insta-Befürworter ohnehin nichts zu holen sein. Amherd wird spätestens an die Zusammenkunft der APK vom 24. und 25. Juni kommen.
Sommaruga gilt als Knacknuss: Die Energieministerin wird der APK wohl ihre Strategie gegen eine drohende Isolation der Schweiz im europäischen Strommarkt aufzeigen müssen.
Am Terminplan soll es nicht scheitern. «Wenn es die Aktualität erfordert, werde ich eine ausserordentliche Kommissionssitzung einberufen», sagt Moser.
Der Bundespräsident steht vor seinem Trip nach Brüssel auch unter dem Druck seiner eigenen Partei. Mit Gabriel Lüchinger und Martin Baltisser gehören zwei ehemalige SVP-Generalsekretäre zu seinem engsten Mitarbeiterkreis; Baltisser war zudem Geschäftsführer von Christoph Blochers Firma Robinvest. Womit dem Departementsvorsteher ein Vertrauter des SVP-Patrons im Nacken sitzt.
Verhärtete Debatte
Zwei Wochen vor Parmelins Brüssel-Visite ist die Debatte im Inland verhärtet. Die Insta-Gegner holen eine alte Verschwörungstheorie Blochers hervor: Wer für das Abkommen einsteht, gilt plötzlich wieder als heimlicher Befürworter eines EU-Beitritts.
Auch die Europhilen zielen auf den Mann. PR-Berater Klaus J. Stöhlker beispielsweise bezeichnet Kompass/Europa-Gründer und Insta-Gegner Alfred Gantner auf dem Finanzportal «Inside Paradeplatz» als «selbst ernannten Wirtschaftsapostel».
Immerhin: Die Auseinandersetzung kann nur noch sachlicher werden.