Gestern Nacht schockierte die Nachricht vom Axt-Amoklauf bei Würzburg in Deutschland. Ein junger Mann, Riaz A. (17), attackiert im Zug zwischen Würzburg-Heidingsfeld und Ochsenfurt mehrere Menschen mit einer Axt und einem Messer. Die Tat fordert vier Schwerverletzte, eine Person wurde leicht verletzt. 14 weitere Passagiere stehen unter Schock.
Werden diese Attacken im Öffentlichen Verkehr zu einer realen Gefahr? «Ja», findet Mauro Mantovani, Dozent Strategische Studien an der ETH-Militärakademie. «Ich bin mir sicher, dass die Attacken von Nizza und Würzburg erst der Anfang sind.» Der IS hat gezielt zu solchen Aktionen aufgerufen. Im Fokus seien zwar eher Juden, Amerikaner und Franzosen. «Es ist jedoch naiv zu glauben, dass ein solcher Vorfall nicht auch in der Schweiz passieren kann», sagt Mantovani.
ÖV im Fadenkreuz seit den Neunzigern
Angriffe auf Verkehrsmittel begannen ab Mitte der Neunziger Jahre bei islamistischen Terroristen in den Vordergrund zu rücken, wie die «NZZ» berichtet. So tötete im Juli 1995 eine Bombe der algerischen Bewaffneten Islamischen Gruppe (GIA) in der Pariser S-Bahnstation Saint-Michel acht Personen, 119 Personen wurden verletzt. Im selben Jahr folgten gleich mehrere Anschläge im ÖV. Der wohl grösste Anschlag fand 2004 in der Madrider S-Bahn statt. Damals waren der Drahtzieher das Terrornetzwerk al-Kaida. Im Juli 2005 wurden in London auf drei U-Bahn-Züge Anschläge verübt. Es starben 56 Menschen und 700 wurden verletzt.
Der Aufruf des Islamischen Staats (IS) auf Anschläge im Öffentlichen Verkehr ist nun aktueller denn je. Ein Ende ist nicht in Sicht, findet Mantovani. «Gerade mit der aktuellen Flüchtlingswelle gelangen viele radikalisierte Moslems nach Europa. Es ist schwierig, sich vor diesem Terror zu schützen.» Eine totale Sicherheit werde es nicht geben. «Nur eine komplette Abriegelung von öffentlichen Plätzen würde helfen», meint er. Das heisst Zustände wie am Flughafen Tel Aviv. Detektoren vor den Eingängen und Sicherheitschecks bis zu den Gleisen. Aber auch dann sei noch nicht sicher, dass nichts passiere. «In Europa ist zu diesem Schritt noch niemand bereit.» Mantovani nennt Israel als positives Beispiel. «Das Land ist in punkto Sicherheit ein Vorbild.»
In der Schweiz brauche es künftig klar mehr Sicherheit an öffentlichen Plätzen. «Der Schweizer Nachrichtendienst muss nach der Tat in Würzburg die Bedrohung nochmals neu beurteilen», findet Mantovani. Er ist sich sicher: «Anschläge in der Schweiz sind eine reale Gefahr.» Es gebe genügend Sympathisanten auch in der Schweiz. «Das belegen die über 70 Dschihad-Reisenden aus der Schweiz», meint er. Er geht von einer dreistelligen Zahl an radikalisierten Muslimen in der Schweiz aus.
Schweizer sollen Pfefferspray kaufen
Dass viele Schweizer verunsichert sind, kann der Militärakademie-Dozent verstehen. «Man kann sich aber auch individuell gegen den Terror schützen.» Es sei wichtig immer aufmerksam zu sein. Mantovani geht sogar einen Schritt weiter: «Ich empfehle den Kauf eines Pfeffersprays.» Damit könnte ein Attentäter, wie im Fall des Axt-Attentats bei Würzburg, überwältigt werden. «Es ist wichtig, immer handlungsbereit zu sein.»