Ihm sei in den vergangenen Jahren viel angedichtet worden, sagte Romer in seinem Schlusswort am Ende der Verhandlung. Es sei ihm vorgeworfen worden, dass er Abrechnungen manipuliert habe, dass er seine Mandantin hörig und abhängig gemacht habe. «Echt jetzt?», fragte Romer rhetorisch.
Denn die Vorwürfe seien ungerecht, sagte Romer, der in der Untersuchung und in den Gerichtsverhandlungen ansonsten weitgehend von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte. Es lägen nur Indizien vor. «Die Fakten sprechen eine andere Sprache», sagte der 53-Jährige in seinem Schlusswort.
Anklage: Habgier und Geltungsdrang
Zuvor hatten die Parteien am Freitag in ihren zweiten Vorträgen ihre Positionen vom Vortag noch einmal bekräftigt. Für die beiden zuständigen Staatsanwältinnen war klar, dass sich Romer von 2006 bis 2012 aus «reiner Habgier» und «purem Geltungsdrang» aus den Konten der hochbetagten Witwe und deren Familienstiftung bedient hatte, für die er als Vermögensverwalter tätig war.
Minutiöse Abklärungen hätten gezeigt, dass das Geld auf die Konten von Romer und dessen Unternehmen geflossen sei, sagte eine der Staatsanwältinnen. Verbucht worden sei es teilweise als Honorarerträge von nicht bestehenden Kunden.
Romer habe das Vertrauen und das fortgeschrittene Alter der Frau schamlos ausgenutzt. Mit dem Geld - über 3,8 Millionen Franken - habe sich der ehemalige Politiker seinen Lebensstil finanziert. Zudem habe er sich mit Zuwendungen als grosszügiger Mäzen präsentiert.
«Alle Transaktionen»
Die Verteidigung machte indes geltend, dass der heute 53-Jährige stets im Auftrag und auf ausdrücklichen Wunsch der bis zuletzt sehr selbstbestimmten, resoluten Frau gehandelt habe. Dass deren Vermögen von anfänglich sechs Millionen Franken auf am Ende knapp 16'000 Franken geschmolzen sei, habe die Frau, die 2011 im Alter von 96 Jahren starb, gewollt. «Sie hat alle Transaktionen genehmigt.»
Dass die Witwe dabei ihren fünf Kindern den Geldhahn zugedreht habe, hätten sich diese selber zuzuschreiben, merkte der Verteidiger an. Eine Abschottungstheorie, gemäss der sein Mandant die Witwe in seinem Sinne gelenkt haben soll, wies der Verteidiger zurück. Vielmehr habe die Witwe den Kontakt zu ihren Kindern selbst abgebrochen - verärgert und enttäuscht, nachdem diese sie unter Vormundschaft stellen wollten.
Vor der ersten Instanz war Romer im Februar 2017 wegen qualifizierter Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt worden.
Die Verteidigung verlangte vor Obergericht nun erneut einen vollumfänglichen Freispruch. Die Staatsanwaltschaft forderte eine zusätzliche Verurteilung wegen gewerbsmässiger Geldwäscherei und unter anderem deswegen eine um knapp ein Jahr höhere Freiheitsstrafe von fünfeindrittel Jahren. (SDA)